Solarenergie ist in der Ukraine kein neues Thema, sondern hat in den letzten Jahren im Staat immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dies geht aus einem gemeinsamen, 2021 veröffentlichten Statusbericht von der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) und dem Renewable Energy Policy Network for the 21st Century (REN21) hervor. In der Studie wurde die erneuerbare Energie in 17 Staaten in Osteuropa, dem Kaukasus, Zentralasien und Südosteuropa zwischen 2017 und 2021 untersucht. Es wird festgehalten, dass die Kapazität erneuerbarer Energie in der Region wesentlich gestiegen (um 21 Gigawatt = 1 Milliarde Watt, auf 106 GW) ist, wobei die Photovoltaik mit 58% der grösste Zubau ausmachte. Die Autor:innen stellen fest, dass in der Ukraine die erneuerbare Energie besonders stark zulegen konnte.
Ukraine auf gutem Weg, Ausbaumöglichkeiten sind aber vorhanden
Der Zuwachs an Wind- und Solarenergie war aus den 17 Staaten (u.a. Ukraine, Russland und Kasachstan) in der Ukraine mit mehr als 8 GW am höchsten. Das Land lag mit umgerechnet 3.4 Milliarden US-Dollar weltweit auf dem 17. Platz in Bezug auf die Investitionen in erneuerbare Energie. Die Solarenergie wird dabei im Inland auf Freiflächen und auch in privaten Haushalten gefördert. Die öffentlichen und privaten Investitionen sind in der Region aber eher bescheiden. Während z.B. in der EU die Investitionen in die Ökoenergie 2018 bei mehr als 55 Milliarden US-Dollar lagen, betrugen die eingesetzten Gelder in die erneuerbare Energie in der untersuchten Region im gleichen Jahr ca. 7.2 Milliarden US-Dollar. Auch ist die Ukraine nach dem UNECE weiterhin stark von fossilen Brennstoffen abhängig, die im Jahr 2020 70% der Primärenergieversorgung ausmachten.
Russische Invasion in die Ukraine und Beschädigung der Infrastruktur
Durch die Invasion der russischen Armee in die Ukraine wurde zudem die Erzeugung erneuerbarer Energie stark eingeschränkt. Laut dem Bericht waren im Juni 2022 90% der bisherigen Windenergiekapazität sowie 30% der Solar-Leistung nicht mehr im Betrieb.
Die gezielte Zerstörung der Infrastruktur traf somit nicht nur die ukrainische Energiebranche, sondern vor allem auch Gesundheits- und Bildungseinrichtungen. Bis zum Oktober 2023 wurden mehr als 4000 Bildungsstätten und Gesundheitsinstitutionen beschädigt, mehr als 150‘000 Wohngebäude zerstört. Dass demnach auch die Stromversorgung stark gefährdet ist, liegt auf der Hand.
Die Wiederherstellung der Stromversorgung durch Photovoltaik bietet sich deshalb auch als Chance für das Land an. Der Krieg erlaubt derzeit aber keine weiteren Entwicklungen der Solarindustrie in der Ukraine, sondern muss sich hauptsächlich auf das Überleben konzentrieren. Die Unterstützung der Ukraine in der Aufrechterhaltung der Solarenergie wird bereits vorangetrieben. So hat z.B. der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW) unter der Spendenaktion „Solar hilft“ eine Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Schule in Irpin unterstützt. Zudem hat das BSW zusammen mit SolarPower Europe und der Ukrainian Solar Energy Association (ASEU) das Ziel mit weiteren Spendenaktionen, den durch den Krieg immer wieder auftretenden Stromunterbrüche in Schulen und Krankenhäusern mit Solarenergie entgegenzuwirken.
Potenzielles Szenario der erneuerbaren Energieversorgung bis 2050
Das UNECE schätzt das Potenzial der Bioenergie, Wasser-, Sonnen- und Windenergie in der Ukraine als besonders hoch ein und diese könnten in Zukunft die Bausteine des Energiesystems der Ukraine sein und bis 2050 ca. 80% zur gesamten Energieerzeugung beitragen. Es bleibt vor allem auch nach einer zukünftigen Beendigung des Krieges die Herausforderung grössere Investitionen und Strategien zielgerecht umzusetzen. Es steht aber fest, dass zusammen mit der Kernenergie, die erneuerbaren Energien die Ukraine in eine kohlenstoffneutrale Zukunft führen können.
Green Cross Switzerlands Einsatz für erneuerbare Energien
Ein nachhaltiger, auf wissenschaftlicher Erkenntnis beruhender Umgang mit unserem Planeten ist für Green Cross Switzerland seit der Gründung wichtig und hat in den letzten Jahren weiter an Bedeutung gewonnen. Deshalb planen wir im nächsten Jahr, 2024, gezielt die erneuerbare Energieversorgung in der Ukraine zu fördern und zu unterstützen. Ziel ist die Unterstützung der Bevölkerung mit erneuerbaren Energien in Gebieten, die unmittelbar vom Krieg betroffen sind und andererseits die nahe der Tschernobyl-Nuklearkatastrophe gelegene Region.
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