Im Fokus

12.09.2023

Zerstörung der Infrastruktur in der Ukraine

Zerstörung der Infrastruktur in der Ukraine

Die Zerstörung der (kritischen) Infrastruktur hat seit der russischen Invasion im Februar 2022 stetig zugenommen. Durch die Kriegshandlungen werden (un)absichtlich immer wieder Privathäuser, Wohnungen oder öffentlich zugängliche Infrastruktur wie z.B. Einkaufszentren, Brücken oder Strassen beschädigt. Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms bei Cherson ist ein tragisches Beispiel für die Ausserkraftsetzung kritischer Infrastruktur.

Ein Grossteil der Zerstörung und Beschädigung der Infrastruktur findet nahe den Fronten im Osten und Südosten des Landes statt. Doch immer wieder werden auch Gebiete getroffen, die abseits der Kriegsgebiete liegen; in Kiev schlugen etwa im Juni Raketen ein. Durch die russischen Angriffe werden nicht nur Menschen und Tiere direkt getötet, sondern auch die jeweilige Infrastruktur beschädigt. Zudem ist der Wiederaufbau kostspielig und die regionalen Behörden können nicht immer alle Schäden abdecken, weshalb die Menschen auch auf Hilfe angewiesen sind.

Die Kyiv School of Economics berechnete, dass bis April 2023 der Gesamtbetrag der direkten, dokumentierten Schäden, die der ukrainischen Infrastruktur durch die russische Invasion bis April 2023 zugefügt wurden, sich auf 147.5 Milliarden Dollar belaufen. Inzwischen muss dieser Betrag – und auch in Zukunft – weiter angehoben werden. Während ca. ein Drittel dieses Betrages auf die Beschädigung oder Zerstörung von Wohnhäusern zurückgeht (54.4 Milliarden US-Dollar), wird der Schaden an der Infrastruktur auf ein Viertel (ca. 36.2 Milliarden US-Dollar) geschätzt.

Dass die Zerstörung der Infrastruktur sich im schlimmsten Fall auch zu einer globalen Katastrophe entwickeln kann, zeigt sich an den Angriffen auf Häfen entlang der Donau im Südosten der Ukraine. Seit August haben immer wieder zahlreiche russische Drohnenangriffe die Infrastruktur der Häfen beschädigt oder zerstört, da bei diesen Infrastrukturen das Weizen verladen wird, welches zum Export genutzt wird. Die Vernichtung des Weizens hat nicht nur für die Wirtschaft der Ukraine negative Einbussen zur Folge, sondern stellt die Empfängerstaaten vor weitere Herausforderungen.

Green Cross Switzerlands Beitrag für die erneute Instandsetzung der Infrastruktur

Die Zerstörung (kritischer) Infrastruktur in der Ukraine ist auch ein zentrales Thema für Green Cross Switzerland. Die Stiftung fokussiert sich in seiner Arbeit in der Ukraine neben der Lieferung von Systemen zur Trinkwassersäuberung und humanitären Gütern auf die Reparatur von Infrastruktur und die Lieferung von Gegenständen des alltäglichen Lebens. Im Frühjahr wurde den Retter:innen des Staatlichen Dienstes für Notfallsituationen Nowhorod-Siwerskyj ein Bootsmotor zur Verfügung gestellt. Die technische Infrastruktur half bei der Rettung von Opfern der Überschwemmungen im Nordosten des Landes. Im Sommer haben zudem mehr als 200 Kinder in der Region Cherson und Mikolajiv Rucksäcke für den Schulalltag erhalten und zerstörte Fenster konnten mit der Unterstützung von Green Cross Switzerland finanziert werden. Weitere Hilfeleistungen werden zu diesem Zeitpunkt geplant.

Der Wiederaufbau der Infrastrukturen in der Ukraine wird einige Jahre dauern. Deshalb hat sich Green Cross Switzerland das Ziel gesetzt in Zukunft ebenfalls beim Wiederaufbau mitzuhelfen.

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28.08.2023

Giftgasangriff auf Halabja, Irak 1988 – Langzeitfolgen bis heute

Giftgasangriff auf Halabja, Irak 1988 – Langzeitfolgen bis heute

Auch 35 Jahre nach dem Giftgasangriff auf die irakisch-kurdische Stadt Halabja im Osten des Landes, wird die lokale Bevölkerung durch das Ereignis bis heute geprägt. Am 16. März 1988 warfen irakische Flieger unter dem Regime von Saddam Hussein im Rahmen der Anfal-Offensive Senfgas und andere chemische Kampfstoffe über Halabja ab. Die Giftgaskampagne (Anfal-Offensive), die sich gegen kurdische Städte und Dörfer zwischen 1987-1988 richtete, war eine genozidale Massnahme, wobei die Offensive Halabja am härtesten traf. An diesem Tag starben mindestens 5‘000 der damaligen 40‘000 Einwohner:innen – vor allem Kinder, Frauen und ältere Menschen – an den Folgen des Giftgasangriffes. Weitere 7‘000 bis 10‘000 Menschen starben entweder an den Folgen der Verletzungen oder erlitten dauerhafte Gesundheitsschäden.

Noch heute leidet die Bevölkerung an den Folgen des Angriffs. Schwere Atemnot, Krebs, Missbildungen bei Neugeborenen, Totgeburten, Haut- und Augenkrankheiten, Unfruchtbarkeit und psychische Störungen treten in den betroffenen Regionen in einem erhöhten Mass auf. Die Region um Halabja ist eine der ärmsten Teile der Autonomieregion von Kurdistan. In vielen Dörfern und Siedlungen fehlt es an sauberem Wasser, an einer genügenden Gesundheitsversorgung und an entscheidender Infrastruktur.

 

Green Cross Switzerlands Engagement in Halabja und Umgebung

Green Cross Switzerland war über mehrere Jahre im Irak mit der Arbeit an Projekten aktiv. Zusammen mit der Gesellschaft für bedrohte Völker unterstützte Green Cross Switzerland seit 2008 fünf Jahre die im Nordirak tätige Entwicklungsorganisation WADI e.V. bei der Umsetzung von verschiedenen Projekten.

Einer der Schwerpunkte der Aktivitäten von Green Cross im Irak waren die mobilen Teams, welche die Dörfer der betroffenen Region regelmässig besuchten und der lokalen Bevölkerung mit medizinischer Betreuung und Beratung zur Seite standen. Zentral waren auch die Trainings- und Aufklärungskurse, an denen Frauen Wissen zu Frauenrechte, Gesundheitsprobleme, Kindererziehung und über die Langzeitwirkung von Giftgas auf den Menschen vermittelt bekamen. Um den Kindern eine bessere Perspektive zu geben sowie Hygiene und andere wichtige Themen auf spielerische Weise näher zu bringen, zirkulierten mobile Spielbusse zwischen den Dörfern. Mit einer Bibliothek, Musikinstrumenten und vielen Spielen, begleitet von Sozialarbeiterinnen und Gesundheitsfachleuten, half der Green-Cross-Spielbus Kindern in der vom Giftgasangriff traumatisierten Kurdenregion.

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08.08.2023

Internationaler Agent Orange Gedenktag

Internationaler Agent Orange Gedenktag

Am 10. August erinnert die Welt an die Opfer, die durch den Einsatz des Entlaubungsmittel «Agent Orange» während am gleichen Tag des Jahres 1961 bis 1971 getroffen und beeinträchtigt wurden. Inmitten des Vietnamkries setzten US-amerikanischen Truppen das Herbizid ein, um Verstecke der nordvietnamesischen Armeen aufzudecken, welche durch den Dschungel geschützt waren. Andererseits wurde mit der hochgiftigen Substanz versucht, das Getreide zu zerstören, welches Armeeangehörige ernähren konnte.

Agent Orange hatte eine aggressive Wirkung auf die Betroffenen und die Umwelt vor Ort. Die Nachwirkungen des Einsatzes sind bis heute spürbar. Denn bereits kleine Mengen eines Bestandteils von Agent Orange, Tetrachlordibenzodioxin (TCDD) genannt, können zu Krebs, Organschäden oder Fehlbildungen bei Kindern führen. Bei den Vietnames:innen gilt die Exposition gegenüber Agent Orange dementsprechend als Ursache für eine ungewöhnlich hohe Zahl von Fehlgeburten, Hautkrankheiten, Krebserkrankungen, Geburtsfehlern und angeborenen Missbildungen, die seit den 1970er Jahren auftreten.

Die Vietnamese Association of Victims of Agent Orange geht davon aus, dass es mehr als drei Millionen Opfer durch Agent Orange gibt, sowie hunderttausende Vietnames:innen und amerikanische Armeeangehörige an den Spätfolgen des Herbizids leiden. Die USA haben bisher nur kleine Beiträge zur Verbesserung der Situation geleistet; die Unterstützung gilt in erster Linie ihren eigenen Veteran:innen.

Damit die Konsequenzen für Opfer von Agent Orange nicht in Vergessenheit geriet, führte Vietnam den Agent Orange Gedenktag ein, der von vielen NGOs, sozialen Institutionen oder Einzelpersonen getragen wird. Es ist auch eine Gelegenheit für verschiedene Gemeinschaften – von Vietnames:innen, über amerikanische Soldat:innen bis hin zu Familienmitgliedern derjenigen, die ihr Leben verloren haben – zusammenzukommen, um all jene zu unterstützen, die weiterhin unter den Auswirkungen von Agent Orange leiden.

Green Cross Switzerland engagiert sich deshalb seit mehr als 20 Jahren für die Opfer von Agent Orange und versucht das Leid der Betroffenen zu lindern. Aus diesem Grund setzt sich Green Cross Switzerland auch für den Agent Orange-Tag ein und möchte allen Opfern des Entlaubungsmittels gedenken. Der Einsatz für die Betroffenen wird auch weiterhin ein wichtiges Ziel in der Arbeit der Stiftung sein.

19.07.2023

Sri Lankas Kampf um den Abfall

Sri Lankas Kampf um den Abfall

Menschverursachte Missstände betreffen vor allem auch unschuldige Lebewesen. In Sri Lanka haben sich über Jahre hinweg grosse Abfallmengen auf Müllhalden angesammelt. Weil es aber auch die Lebensräume von Elefanten beschneidet, essen die Säugetiere unbeabsichtigt teilweise den Plastikmüll, vor allem Einwegkunststoffe. Denn der Müll ist für viele Elefanten frei zugänglich; über 50 offene Mülldeponien gibt es in Sri Lanka. Keine Absperrungen hindern die Tiere daran, Nahrung auf den Deponien zu suchen.

Dieser Verzehr hat schwerwiegende Konsequenzen für die Tiere: jährlich sterben über fünf Elefanten an den Folgen des Plastikkonsums. Diese Tatsache konnte durch Fachleute anhand von Autopsien der Tiere festgestellt werden. Elefanten sind in Sri Lanka bereits vom Aussterben bedroht; ca. noch 6‘000 wilde Elefanten leben auf der Insel.

Zudem werden Flaschen, Verpackungen und Tüten dafür verantwortlich gemacht, dass sie die Abflüsse verstopfen und Überschwemmungen in Städten verursachen sowie einen Anstieg des potenziell tödlichen Dengue-Fiebers begünstigen, welches von Moskitos verbreitet wird, die in Stagnationswasser brüten.

 

Schutz der Elefanten durch Verbot von Einwegplastik

Die Regierung von Sri Lanka versuchte auf diese Tatsachen zu reagieren, indem sie seit Juni 2023 die Herstellung und den Verkauf von Einwegplastik verboten hat. Bereits vor sechs Jahren wurde der Verkauf von Plastiktüten aus nicht biologisch abbaubarem Plastik untersagt. Jetzt wird es erweitert; der Vertrieb von z.B. Plastikbesteck, Cocktail Shakern, Plastikgeschirr ist nun strafbar.

Umweltschützer:innen bezweifeln, ob die Gesetze helfen. Versuche den Müll einzudämmen gab es bereits zuvor, aber auch dann wurden die Erlasse weitgehend ignoriert, indem Herstellerfirmen weiterhin gewisse Plastikartikel produzierten.

Durch die Ende 2021 einsetzende Wirtschaftskrise hat sich die Müllproblematik weiter verschärft. Der Müll begann sich zu türmen, da es den Müllwagen an Treibstoff mangelte.

 

Müllproblematik auch für Menschen gefährlich

Im südasiatischen Land mit 22 Millionen Einwohner:innen fallen jährlich mehr als 1.5 Millionen Tonnen Plastikmüll an, von denen die Hälfte in Kanälen, Flüssen und schliesslich im Indischen Ozean landet. Zudem wird nur drei Prozent des Plastikmülls recycelt. Laut einer Studie des Zentrums für Umweltgerechtigkeit gehe 15% des Mülls auf Einwegkunststoffe (z.B. Strohhalme, Lebensmittelverpackungen, Tüten) zurück. Diese grosse Menge an Plastikmüll und die Tatsache, dass dieser nicht fachgerecht entsorgt wird, korreliert mit dem Anstieg an Fällen des Dengue-Fiebers: von 35‘000 Fällen 2021 auf 77‘000 Fälle im Jahr 2022.

Die Gesetze sollen nun einen Beitrag zur Müllproblematik im Land leisten, sodass hoffentlich keine Elefanten mehr zusätzlich sterben müssen und weniger Menschen durch das Fieber betroffen werden.

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13.07.2023

Atomkraftwerk Fukushima: radioaktives Wasser soll ins Wasser geleitet werden

Atomkraftwerk Fukushima: radioaktives Wasser soll ins Wasser geleitet werden

Am 11. März 2011 ereignete sich, durch ein Erdbeben ausgelöst, einer der schwersten Atomunfälle seit der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 im Atomkraftwerk von Fukushima, Japan. Es resultierte in einem Stromausfall, der wiederum verantwortlich war, dass die Kühlsysteme in jedem der Reaktoren innerhalb kurzer Zeit nach der Katastrophe ausfielen. Die Restwärme im Reaktorkern führte dazu, dass die Brennstäbe in den Reaktoren überhitzten, teilweise schmolzen und radioaktives Material freigesetzt wurde (Kernschmelze). 

Die freigesetzte Strahlung beschäftigt bis heute die Region. Denn auch weiterhin müssen die zerstörten Reaktoren durch Wasser gekühlt werden. Das eingesetzte, kontaminierte Wasser vermischt sich mit dem Regen- und Grundwasser, welches einsickert. In ca. 1000 Tanks lagern derzeit mehr als 1.3 Millionen Tonnen an verstrahltem Wasser. Der Betreiberkonzern Tepco meint, dass nun der Platz ausgehe und die Tanks neuer potenzieller Erdbeben ausgesetzt seien.

 

Kontaminiertes Wasser soll durch Filterung ins Meer geleitet werden

Als Lösung schlug Tepco vor, das verstrahlte Wasser zuerst zu filtern und dann ins Meer zu leiten. Das System kann aber das radioaktive Isotop Tritium nicht herausfiltern. Laut den Aussagen von Tepco und der International Atomic Energy Agency (IAEA) sei das keine Gefahr, da das Tritium in geringen Mengen harmlos für Mensch und Umwelt sei und das Wasser verdünnt werde. Die Konzentration soll stark sinken. Falls die Menge des Meerwassers zur Verdünnung nicht reichen würde oder die Konzentration nach wie vor hoch sei, gebe es ein Notfall-Ventil, welches die Freisetzung stoppen würde.

Während die Meinung der Expert:innen durchzogen sind, hat die IAEA die Inspektion der Bauarbeiten an den Entsorgungsanlagen vorgenommen und das Vorhaben von Tepco gebilligt. Der Chef der Atombehörde, Rafael Grossi meinte, dass Japan die internationalen Sicherheitsstandards erfülle.

 

Kritik von verschiedenen Parteien

Neben der Kritik einiger Expert:innen, sind auch viele Fischer in der Region gegen die von Tepco geplante Entsorgung des Kühlwassers. Sie befürchten eine Verschlimmerung der Situation und würden die Folgen der Pläne nicht abschätzen können. Sie haben zwar durch die Regierung Entschädigungszahlungen erhalten, fürchten aber einen neuen Reputationsschaden. Zudem habe die Regierung vereinbart, das Ableiten des Wassers mit allen Parteien zu klären, die Fischer seien aber nicht gefragt worden.

In Nachbarländern wie China stossen die Pläne Japans auf Ablehnung. Die Regierung Südkoreas, welche bisher das Vorhaben Japans kritisierte, respektiert inzwischen die Ergebnisse der IAEA. Die Entsorgungspläne sollen bereits in diesem Sommer gestartet werden.

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10.07.2023

Risikopotenzial des Atomkraftwerks Saporischschja, Ukraine

Risikopotenzial des Atomkraftwerks Saporischschja, Ukraine

Das ukrainische, nun von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja wurde durch den grossangelegten Einmarsch russischer Truppen im Februar 2022 immer wieder zum Ausgangspunkt von sicherheitspolitischen Debatten, welche die Gefahr einer möglichen Explosion zwar bestätigten, in ihrem Ausmass aber nicht vergleichbar z.B. mit der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl sei.

In den vergangenen Tagen wurde die Situation des Atomkraftwerks durch neue Gerüchte, die besagten, dass russische Truppen Sprengsätze an die Anlage montierten, angeheizt. Offiziell konnten diese Gerüchte aber nicht bestätigt werden. Eine mögliche Sprengung ist aber technisch nur schwer durchsetzbar, da die Reaktorblöcke zum Schutz glücklicherweise mehrfach mit dicken, befestigten Wänden ausgestattet ist. Ebenfalls wurde das Atomkraftwerk mittlerweile abgeschaltet, was eine Strahlenbelastung bei einem potenziellen Anschlag etwa durch eine Explosion stark senken würde und wahrscheinlich regional begrenzt wäre. Ein Risiko bleibt aber bestehen.

Gleichzeitig schätzt das ICRC das Risiko eines Strahlungsaustritts trotz Sicherheitsvorkehrungen als hoch ein. Es kommt zu dieser Einschätzung, da die Wahrscheinlichkeit einer direkten oder zufälligen Beschädigung eines Reaktors oder anderer kritischer Komponenten, die den sicheren Betrieb der Einrichtung ermöglichen, sowie menschliches Versagen des Personals berücksichtigt, das unter zunehmendem Stress und Belastung arbeitet, weiterhin bestehen würde.

Bei einem möglichen Schaden der Anlage kann die umliegende Region für Jahrhunderte geprägt werden, indem radioaktives Cäsium oder Strontium die Umwelt kontaminiert. Denn das freigesetzte Material hätte Auswirkungen auf die Ökosysteme, die Landwirtschaft, die Nahrungsmittelsicherheit, die Gesundheit der Menschen auch in Hinblick auf weitere Generationen.

Obwohl die Meinungen zum Risiko einer Beschädigung divergieren können, kann festgestellt werden, dass die Gefahr bzw. die Möglichkeit eines realen Schadens existiert.

08.06.2023

Dammbruch bei Kachowka, Cherson

Dammbruch bei Kachowka, Cherson

Die Zerstörung des ukrainischen Staudammes am 6. Juni 2023 bei dem russisch besetzten, südlich gelegenen Dorf Kachowka hat für die Region weitreichende Folgen, die in ihrem Ausmass noch nicht abschätzbar sind. Der Damm ist Teil einer Serie aus sechs Staudämmen entlang des Dnepr und der letzte vor der Öffnung ins Schwarzmeer. Der Staudamm produzierte Strom, kühlte das Atomkraftwerk Saporischja und lieferte Wasser für Menschen vor Ort.

Durch die Zerstörung gerieten die Fluten bis zur Stadt Cherson, die am Flussdelta des Dnepr und etwa 100 Kilometer entfernt von der zerstörten Infrastruktur liegt. Es sind insgesamt 24 Ortschaften von den Überschwemmungen betroffen. Bisher konnten etwa auf beiden Seiten der Front etwa 3000 Menschen evakuiert werden. Derzeit wird grob geschätzt, dass mehr als  40‘000 Menschen von den Fluten betroffen sind.

Die Überschwemmungen haben bereits jetzt grosse Schäden bei der Bevölkerung, der Infrastruktur, der Natur und den Tieren angerichtet. Die potenziellen Konsequenzen aus der Zerstörung des Damms werden weiter zunehmen. Durch das Absinken des Wasserstands im Kachowksa-Stausee auf ein bestimmtes Niveau kann es Wasserknappheit für 200‘000 Menschen bedeuten. Die Auslegung von Minen entlang des Flusses kann dazu führen, dass diese nun neu an nicht zu erwartende Orte geschwemmt werden. Fäkalien oder Chemikalien von Fabriken, die ins Wasser gelangen, können Seuchen oder Krankheiten auslösen. Im Kraftwerk des Staudamms wurde Öl gelagert, welches nun ebenfalls ins Wasser gelangte und es sind bereits sehr viele Fische an dem verunreinigten Wasser verendet. Zusätzlich werden Lebensräume von Tieren, wie z.B. Vögeln zerstört. Die Konsequenzen des Dammbruchs sind demnach vielfältig, umfassend und werden die Region leider für lange Zeit prägen.

Während die EU und europäische Staaten bereits Unterstützung im Wert von 170 Millionen zugesagt haben, leisten etwa 800 Retter:innen der Ukraine und Freiwillige Hilfe vor Ort. Das Green Cross Switzerland ist seit 2022 mit pragmatischen Hilfsaktionen für die Bevölkerung in der Ukraine aktiv. Neben der Versorgung der Betroffenen mit Wasseraufbereitungssystemen z.B. in Cherson oder Mikolajew und weiteren Hilfeleistungen, haben wir Retter:innen des Staatlichen Dienst für Notfallsituationen nach Überschwemmungen während des Frühlings im Norden der Ukraine mit einem Bootsmotor unterstützt. Green Cross Switzerland überprüft derzeit die Möglichkeiten für weitere Hilfeleistungen für die von den Überschwemmungen betroffene Bevölkerung in der Region rund um den zerstörten Stausee.

26.04.2023

Gedenktag zur Nuklearkatastrophe von Tschernobyl

Gedenktag zur Nuklearkatastrophe von Tschernobyl

Am 26.04.2023 jährt sich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl zum 37. Mal. Am 26. April 1986 um 01:23 Uhr wurde durch einen Reaktorunfall im Block 4 des Atomkraftwerks Tschernobyl radioaktives Material freigesetzt. Das freigesetzte Material gelangte bis nach Westeuropa, kontaminierte aber die umliegenden Regionen am stärksten. Bis heute leiden Menschen und die Umwelt in den Gebieten des heutigen Belarus, Russlands und der Ukraine an den Folgen dieser Katastrophe. Neben den negativen Auswirkungen auf die Gesundheit durch die freigesetzte Radioaktivität führte der Reaktorunfall auch zu sozialer und wirtschaftlicher Verwahrlosung in den Regionen.

Bereits in den 90er Jahren begann Green Cross Switzerland, Hilfsprojekte für die Betroffenen dieser menschgemachten Katastrophen in den drei stark radioaktiv kontaminierten Ländern umzusetzen. Dafür wurde das SOCMED-Programm (Social and Medical Care and Education) etabliert, welches auf medizinischer, psychologischer und sozialer Ebene Unterstützung bietet und dabei auf “Hilfe zur Selbsthilfe” setzt. Dabei wurden beispielsweise Therapiecamps für Kinder und Jugendliche veranstaltet oder medizinische Untersuchungen mit dem Green Cross Bus in entlegenen Ortschaften durchgeführt.

Diese Hilfeleistungen konnten bis 2022 garantiert werden, wurden jedoch durch den Krieg in der Ukraine stark eingeschränkt oder vorerst beendet. Im Land der Nuklearkatastrophe können momentan aufgrund des Krieges keine Projekte in der Tschernobyl-Region umgesetzt werden. Dennoch leistete das Green Cross Switzerland zu Kriegsbeginn dringend benötigte humanitäre Hilfe für die dortige Bevölkerung, indem es beispielsweise Medikamente oder Lebensmittel lieferte. Zudem stehen in Belarus wieder die Vorbereitungen für das Social Gardening an, welches 2023 wieder durchgeführt wird. Dieses Projekt verfolgt das Ziel, die Ernährung von Kindern aus prekären Verhältnissen durch frisches Gemüse und Obst aus den sozialen Gärten abwechslungsreicher, nährstoffreicher und gesünder zu gestalten.

Der Krieg in der Ukraine führte auch zu einer Reaktualisierung der Geschehnisse in Tschernobyl. Die Besetzung des Kernkraftwerks von Tschernobyl vom 24. Februar bis 31. März durch die russische Armee zeigt auch heute noch, welche Gefahren für Mensch und Umwelt im Atomkraftwerk stecken. Green Cross Switzerland nimmt den Tag der Nuklearkatastrophe zum Anlass, den Opfern und Betroffenen des Reaktorunfalls und des Krieges zu gedenken.