Im Fokus

13.04.2025

Ausstellung zum giftigen Erbe des Vietnamkriegs

Ausstellung zum giftigen Erbe des Vietnamkriegs

Ein warnendes Beispiel. Das ist der Vietnamkrieg für unsere von Krisen und Konflikten geprägte Gegenwart. Seine Geschichte zeigt, welche verheerenden Langzeitschäden Kriege anrichten und wie sich das Leiden oftmals weit über das Ende eines Konflikts hinaus über Generationen fortsetzt.

Hier setzen die Hilfsprojekte von Green Cross Switzerland (GCCH) an. Um die Öffentlichkeit stärker auf die Problematik zu sensibilisieren, wirkt GCCH an der Ausstellung «Krieg ohne Ende. Das giftige Erbe des Vietnamkriegs – 50 Jahre danach» mit:

Interessierte sind herzlich eingeladen, am 17. April um 18 Uhr an der Vernissage teilzunehmen. Diese bietet eine gute Gelegenheit, sich mit Vertreter:innen von GCCH auszutauschen, die Ausstellung gemeinsam mit uns zu erleben und natürlich mehr über unser Engagement in Vietnam zu erfahren. Auch wenn Sie für die Vernissage verhindert sind, möchten wir dazu ermutigen, die Ausstellung zu besuchen und mitzuhelfen, das Bewusstsein für die Spätfolgen des Vietnamkriegs zu schärfen. Wir freuen uns auf Sie!

Die in der Ausstellung gezeigten Bilder stammen von dem preisgekrönten Fotografen Roland Schmid. Ihn verbindet eine langjährige Zusammenarbeit mit unserem Partner, dem freischaffenden Journalisten, ebenfalls Fotografen und Filmemacher Peter Jaeggi. Aus Peter Jaeggis Feder stammt unter anderem das informative und tief bewegende Buch „Krieg ohne Ende. Chemiewaffen im Vietnamkrieg, Agent Orange und andere Kriegsverbrechen“. Wir legen Ihnen die Lektüre dieses Buches sehr ans Herz – hier erfahren Sie mehr dazu.

Engagement von Green Cross Switzerland

Am 30. April dieses Jahres jährt sich das Ende des Vietnamkrieg bereits zum fünfzigsten Mal. Die vielfältigen Folgen für die vietnamesische Bevölkerung sind in diesem halben Jahrhundert dramatisch geblieben. So sind beispielsweise die Auswirkungen des Krieges auf die sozialen Verhältnisse und die Psyche der Menschen nach wie vor stark spürbar. Unzählige Minen und nicht explodierte Bomben lauern bis auf den heutigen Tag in den Böden. Sie sorgen dafür, dass 50 Jahre später immer noch Menschen in Angst leben müssen, schwer verwundet werden, verstümmelt werden und sterben. Aber auch der Einsatz des Entlaubungsmittels Agent Orange durch die US-Luftwaffe und Alliierte der USA zwischen 1965 und 1970 wirkt bis heute fatal nach

Nach wie vor werden Kinder mit schweren körperlichen und geistigen Behinderungen geboren, die auf den Einsatz von Agent Orange zurückzuführen sind. Inzwischen ist bereits die vierte Generation betroffen. Ein Ende ist nicht in Sicht. Leider reichen auch die Bemühungen, den Betroffenen effektiv zu helfen, immer noch bei Weitem nicht aus. Hier setzt seit 1998 das Engagement von Green Cross Switzerland (GCCH) in Vietnam an. Einen Schwerpunkt bildet dabei die regelmässige Versorgung von Agent Orange-Betroffenen mit orthopädischen Hilfsmitteln. Diese Prothesen und Orthesen sind für viele Betroffene die Voraussetzung für ein selbstständig(er)es Leben und die Integration in die Gesellschaft. Oftmals sind die Hilfsmittel für sie aber unerschwinglich und werden nicht von der Krankenkasse finanziert.

Was angesichts dieser gravierenden Situation unsere Hilfsprojekte in Vietnam bewirken, wurde jüngst auch dem Schweizer Fernsehpublikum vermittelt: in einem Beitrag der SRF 1-Sendung «mitenand» am Sonntag, 23. März, um 19:15 Uhr (hier zu sehen). Hier wird gezeigt, wie durch GCCH finanzierte Prothesen das Leben eines 9jährigen vietnamesischen Jungen namens Quyet grundlegend und positiv verändern konnten. Die Geschichte von Quyet zeigt exemplarisch, was wir für Tausende von Betroffenen erreichen konnten und können – dank unseren hochgeschätzten Projektpartnern, unseren Spenderinnen und Spendern.

Weiterführende Links:

Das Foto in diesem Artikel stammt von Roland Schmid.

10.04.2025

Interview mit Projektpartner Peter Jenni

Interview mit Projektpartner Peter Jenni

Die Liebe zu Vietnam und seinen Menschen ist es, die das philanthropische Wirken von Peter Jenni antreibt. Zusammen mit seiner Frau Tran Thi Hiep hat der Schweizer, der seit Dezember 2016 in Vietnam lebt, das Charity Project Krong Buk (CPKB) ins Leben gerufen. Dieser Verein mit Sitz in der Schweiz leistet seit 2020 wertvolle soziale Unterstützung für bedürftige Menschen. Darunter sind zahlreiche Betroffene der Spätfolgen des Einsatzes von Agent Orange im Vietnamkrieg. Oft haben sie schwere geistige oder körperliche Behinderungen. Hier liegt auch der Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit Green Cross Switzerland (GCCH), welche seit zwei Jahren besteht. Diese Zusammenarbeit bildet eine wertvolle Ergänzung zu den anderen Projekten von GCCH in Vietnam. Das CPKB bringt konkrete Hilfe, Freude und Hoffnung in das Leben von Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Wo möglich ebnet es ihnen auch den Weg zur selbstständigen Verbesserung ihrer Lebensumstände.

Mit dem vorliegenden Interview möchten wir die Person Peter Jenni und die von uns unterstützte Arbeit des CPKB unseren Spenderinnen und Spendern sowie anderen Interessierten näherbringen. Die Fragen stellte GCCH-Mitarbeiter und Historiker Samuel Müller-Zwahlen.

Lieber Peter, wer bist Du? Wie würdest Du Dich beschreiben und wie sieht Dein Lebensweg aus?
Mit einem Wort: ich bin ein „Seebueb“ [Seejunge]. Beschreiben sollten mich eigentlich andere. Aber: ich kann sagen, dass ich ein Mensch mit zwei Heimatländern bin. Einerseits bin ich überzeugter Schweizer Bürger. Andererseits möchte ich meinen zweiten Lebensabschnitt in Vietnam verbringen und habe dieses Land bewusst als zweite Heimat gewählt.
Zurück zum „Seebueb“: Geboren bin ich zwar in Zürich Seebach [nomen est omen!], habe aber den Grossteil meiner Kindheit und Jugend in Rüschlikon am Zürichsee verbracht. Das hat mich sehr stark geprägt. In Rüschlikon gab es ein autonomes Jugendzentrum. Schon im jungen Alter wirkte ich dort im Vorstand mit. Später heiratete ich –  meine zwei Söhne, Marc und Jan, kamen 1990 und 1992 zur Welt. Sie wuchsen am Walensee auf, wo wir über 20 Jahre wohnten.
Auch in Vietnam zog es mich ans Wasser. Ich wollte ein Haus am Meer. Daraus wurde aus zwei Gründen nichts: erstens war das Wohnen am Meer sehr teuer und zweitens hatte ich Bedenken aufgrund des Klimawandels, d.h. wegen des Ansteigens des Meeresspiegels und des häufigeren Auftretens von Stürmen. In der Küstenstadt Nha Trang, wo ich anfangs lebte, habe ich einen solchen Sturm erlebt und kam zum Schluss, dass das nicht in Frage kommt. Dann entdeckte meine Frau ein schönes Grundstück an einem See. Und so kam es dazu, dass ich wieder an einem See lebe.

Es ist also klar: für Dich ist See Heimat.
Ja! Auch heute noch verweile ich jeweils kurz, wenn ich zu einem See komme. Seen geben mir Halt. Der Blick in die Weite, die aber nicht unendlich ist, zieht mich an.

Wie bist Du nach Vietnam gekommen?
Das ist eine etwas längere Geschichte. Ich habe 20 Jahre mit einem 50 %-Pensum Öffentlichkeitsarbeit für die Lebensmittelkontrolle und das Veterinäramt St. Gallen gemacht. Die andere Hälfte meiner Arbeitszeit widmete ich meiner Firma TEXTartelier. Daneben fuhr ich Mountainbike-Rennen. Irgendwann wuchs mir das alles über den Kopf – ein Burnout drohte. Zum Glück holte ich mir noch rechtzeitig Hilfe. Mein Therapeut riet mir zu einer längeren Auszeit. Diese ermöglichte mir der Kanton St. Gallen. Die Zeit nutzte ich für – langsameres – Radfahren. Ich schaute auf die Landkarte und kam auf Vietnam, das ich vorher nicht kannte. So plante ich eine Radtour, die mich von Nord- bis nach Südvietnam führte. Nach ungefähr sechs Wochen kam ich nach Nha Trang – und kam zum Schluss: in Vietnam will ich leben. Das Klima, aber auch die lebensfrohen Menschen hatten es mir angetan. Das Leben hier ist einfacher und wohl deshalb auch fröhlicher als in der Schweiz.
Von einem Hotel in Saigon aus plante ich sodann meine Auswanderung nach Vietnam. Es stellte sich heraus, dass diese gut zu bewerkstelligen sein sollte. In dieser Zeit lernte ich auch meine Frau kennen. Ich ging dann noch für ein Jahr in die Schweiz zurück, verabschiedete mich und bereitete meinen Umzug vor.
Dazwischen kam dann allerdings der Zungenkrebs. Ich musste mich einer Operation und Bestrahlungen unterziehen. Zu den Ärzten sagte ich: Ihr könnt machen, was Ihr wollt, aber Ende Jahr gehe ich nach Vietnam. Einer der Ärzte, ein Kettenraucher mit einem beeindruckenden Bart, fragte mich dann, was ich dort essen würde, mit den durch die Erkrankung eingeschränkten Möglichkeiten. Meine Antwort: Bier essen und Wein trinken! Das überzeugte ihn. Heute komme ich gut zurecht. Auch die medizinische Versorgung ist auf gutem Niveau – leider aber nur für diejenigen, die es sich leisten können.

Gibt es noch andere Dinge, die Dich an Vietnam besonders faszinieren? Was bedrückt Dich allenfalls auch? Wie würdest Du das Land einem Schweizer beschreiben, der es noch nicht aus eigener Anschauung kennt?
Mit gewissen Ausnahmen – wie z.B. Behördengängen –, ist das Leben in Vietnam wirklich sehr viel lockerer und einfacher. In der Regel sind die Leute sehr offen, fröhlich und hilfsbereit. In der Schweiz ist man nicht so daran gewöhnt, dass fremde Leute auf einen zugehen. In Vietnam ist das hingegen üblich. Sehr angenehm finde ich auch, dass man keine Angst zu haben braucht, dass einem das Handy oder Portemonnaie gestohlen wird. Aufpassen muss man hingegen, wenn man eine Frage stellt. Statt „ich weiss es nicht“ könnte gut eine falsche Antwort zurückkommen. Denn man gibt ungern zu, etwas nicht zu wissen. Die Leute schätzen das gemütliche Leben – und sind sehr arbeitsam. Niemand fragt, ob es Samstag oder Sonntag ist. Aber auch für das fröhliche Beisammensein nimmt man sich sehr gerne Zeit, besonders auf dem Land. Allein ist man im Gegensatz zur Schweiz kaum. Damit hängt zusammen, dass das generationenübergreifende Wohnen im gleichen Haus üblich ist. Das ist oft auch nötig, sogar lebensnotwendig. Viele Menschen sind im Alter auf die Unterstützung ihrer Kinder angewiesen. Es gibt kaum Altersheime und die Renten sind sehr tief – sofern man überhaupt eine Rente bekommt. Auf wohlhabendere Zeitgenossen trifft man öfters in der Stadt, z.B. in gehobenen Hotels. Sie sind manchmal protzig im Auftreten. Nicht selten handelt es sich um Neureiche.
Was mich bedrückt: die Armut. Für jemanden, der so lebt wie ich, ist die Armut sehr spürbar.

In diesem Bereich engagierst Du Dich aktiv. Wie ist das Charity Project Krong Buk entstanden?
Wenn ich am Morgen mit meinem Töff das Haus verliess, um z.B. einen Kaffee trinken zu gehen, war ich oft schlecht gelaunt. Dann kann ich aber mit dem Ede-Volk in Kontakt. Das Ede-Volk ist eine in meiner Nachbarschaft lebende Minderheit, die oft in Langhäusern wohnt, welche nur aus einem Raum bestehen. Diese Langhäuser stehen oft in schlammigem, sumpfigem Gebiet. Oft kamen mir dort fröhlich lachende, dreckverschmierte Kinder entgegen. Ihre Freude war ansteckend! Ich fragte mich: warum sind sie so fröhlich? Und warum bin ich, Peter Jenni, ein Miesepeter? Der Wunsch wurde stark in mir, den Kindern etwas zurückzugeben.
Meine Frau erkundigte sich bei der Gemeinde nach den Bedürfnissen der Ede-Kinder. Es stellte sich heraus, dass die Familien oft zu wenig Geld für Schulmaterial wie Bücher, Schreibutensilien oder einen Schulrucksack hatten. Alles müssen die Familien selber finanzieren, auch die Schuluniform. Kinder, deren Familien sich die Schuluniform nicht leisten können, sind von bestimmten Anlässen der Schule ausgeschlossen. Das vietnamesische Schulsystem basiert zudem auf Nachhilfe, über die sich die Lehrerinnen und Lehrer ihren tiefen Lohn aufbessern. Die Eltern müssen das bezahlen. Meine Frau begann also, mit Schulen zu sprechen. Wir finanzierten u.a. Rucksäcke und Schulbücher.
Schnell wurde klar, dass es eine geeignete Struktur für diese Unterstützung brauchte. So entschied ich mich, im schweizerischen Appenzell einen gemeinnützigen Verein zu gründen. Dafür nutzte ich auch meine Kontakte in der Schweiz.

Wie ging es dann weiter?
Rasch trafen erste Spenden ein. Und immer mehr Anfragen um Unterstützung. Seither stehen wir bedürftigen Menschen in unserer Region Đắk Lắk zur Seite. Wir geben nie Geld, sondern leisten immer Sachhilfe – immer auch in Zusammenarbeit mit der Gemeinde, Schulen, der Frauengewerkschaft oder der Jugendorganisation der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV). Ohne diese Partner wäre es uns nicht möglich, effiziente Hilfe zu leisten. Schon die Abklärungen und Kontrollen könnten wir nicht alle selbst durchführen.

Wie überzeugt Ihr Euch aber selbst von der Effektivität Eurer Hilfeleistungen und stellt diese sicher?
Wir evaluieren auch selbst, ob unsere Hilfe angebracht ist. Z.B. erhalten gewisse Agent Orange-betroffene Familien, die uns anfragen, bereits hinreichend Unterstützung aus anderer Quelle. Dann lehnen wir zugunsten anderer ab, die uns dringender brauchen. Was auch gut funktioniert, ist Hilfe zur Selbsthilfe: beispielsweise dass wir eine Kuh, die uns gehört, zur Verfügung stellen und als Gegenleistung einen Teil des erwirtschafteten Erlöses bekommen. Dafür übernehmen wir zudem gewisse Leistungen wie die Finanzierung von tierärztlichen Untersuchungen und Behandlungen. Dieses Modell läuft seit einem Jahr und es treffen bereits erste Zahlungen ein. Statt nur Hilfe zu empfangen, werden die unterstützten Menschen auf diese Weise zu aktiven Partnern. Sie tragen selbst zur Verbesserung ihrer Situation bei und übernehmen Verantwortung.

Wie ist die seit rund zwei Jahren bestehende Zusammenarbeit mit GCCH entstanden?
Bei der Vereinsgründung suchte ich nach Vorstandsmitgliedern. Da kam mir mein lieber Freund, Pfarrer und GCCH-Mitarbeiter Jakob Vetsch in den Sinn. Als erster Journalist schrieb ich damals, vor rund 30 Jahren, über seine Internet-Seelsorge. Zudem war [GCCH-Gründer] Roland Wiederkehr mein Primarlehrer in Seebach. Seine Arbeit habe ich immer etwas verfolgt, allerdings hatten wir nach meiner Schulzeit keinen persönlichen Kontakt mehr. Natürlich verbindet mich auch die Agent Orange-Problematik mit dem Engagement von GCCH. Erst durch die Kooperation wurde mir bewusst, wie stark Ihr Euch in diesem Bereich engagiert. Und auch nachhaltig und effektiv. Es ist toll, dass man mit relativ wenig Spenden-Geldern viel erreichen kann: beispielsweise kann mit nur 300 Franken ein Tagesstättenplatz für ein schwer von Agent Orange geschädigtes Kind für ein ganzes Jahr finanziert werden. Und Angehörige können dadurch arbeiten und die Familie aus der Armut befreien.

Du bist bereits auf Deine Motivation für Dein Engagement eingegangen, könntest Du das bitte noch etwas vertiefen?
Etwa 50 % des Ede-Volkes sind Analphabeten. Meine Meinung ist, dass der erste, zentrale Schritt aus der Armut die Bildung ist. Deshalb legen wir einen Fokus auf die Schule, als Ansatz für eine langfristig wirksame Hilfe. Kleine Hilfen – wie ein Taschenrechner für 8 Franken, den sich die Familie nicht leisten kann – können einen entscheidenden Unterschied machen. Bildung versetzt junge Leute in die Lage, ihre Familie aus der bitteren Armut zu befreien. Z.B. finden sie Arbeit in einer Stadt und können so die Familie unterstützen. Das ist für mich eine zentrale Motivation.
Erst kürzlich haben wir wieder Schulrucksäcke an einer Schule verteilt – die Freude war gewaltig und hat mich tief berührt. Die Kinder sind froh, überhaupt in die Schule gehen zu können. Für vieles, was für uns selbstverständlich ist, sind sie zutiefst dankbar.

Gibt es weitere Erfolgsprojekte, deren Effektivität Du hervorheben würdest?
Ja, neben dem genannten Beispiel der Zusammenarbeit mit Schulen denke ich an Essenslieferungen für sehr bedürftige Personen, die wir dank GCCH bereitstellen können. Gerne zeige ich das am Beispiel einer 80jährigen Frau auf. Ihre 40jährige Tochter ist schwer von Agent Orange geschädigt und auf ständige Betreuung und Pflege angewiesen. Sie kann nur auf dem Bett oder auf dem Boden liegen. Als ich sie das erste Mal sah, schrie sie nur. Es war schwer erträglich. Doch dann wurde mir gesagt, sie freue sich sehr über meinen Besuch. Die Tochter kann nicht in einem Heim betreut werden. Die 80jährige Mutter muss sowohl arbeiten als auch ihre Tochter pflegen. Für 40 Fr. können wir sie und ihre Tochter einen ganz Monat lang mit den nötigsten Lebensmitteln unterstützen – eine kleine Investition, die einen grossen Unterschied macht.
Zudem ist es sehr wertvoll, dass wir Agent Orange-Betroffene identifizieren und medizinische Abklärungen und Hilfe für sie organisieren können. In diesem Bereich arbeiten wir gut mit GCCH, aber z.B. auch mit der DAVA [Da Nang Association for Victims of Agent Orange] zusammen.

Was hat Dich ausserdem besonders emotional geprägt bei der Arbeit?
Allgemein die Begegnung mit Menschen, die besonders schwere Gebrechen haben. Das geht unter die Haut. Es ist manchmal nur schwer erträglich. Aber es gibt einem viel, nicht nur hilflos zuzusehen, sondern aktiv zur Verbesserung der Situation beizutragen. Sehr berührend ist wie beschrieben die grosse Fröhlichkeit und Dankbarkeit. Die Freude der Menschen mit schweren Behinderungen ist für uns z.T. schwer nachzuvollziehen. Von den Angehörigen, die sie gut kennen, wird mir aber versichert: sie freuen sich auch.

Und was war bisher die grösste Herausforderung?
Zentral ist, genügend Spenden für die Projekte zusammenzubekommen. Ansonsten kommen wir mit der Arbeit gut zurecht. Meine Frau ist für den Einkauf von Hilfsgütern zuständig, ich für das Fundraising. Um die Abklärungen für die Hilfsprojekte und deren Durchführung kümmern wir uns gemeinsam.
Ein Problem, das verstärkt bearbeitet werden müsste, wäre das Littering, das in Vietnam eine grosse Herausforderung darstellt. Auch in diesem Bereich könnte man bei der Bildung ansetzen und das Verantwortungsbewusstsein des Menschen, speziell auch der Kinder und Jugendlichen, für die Umwelt fördern.

Was wünschst Du Dir für die Zukunft?
Erst einmal ist es mir ein Anliegen, GCCH zu danken. Die Zusammenarbeit ist auf zwei Arten für mich sehr wertvoll: erstens ist sie für mich eine zusätzliche Verbindung zu meiner zweiten Heimat, der Schweiz. Zweitens macht die Arbeit von GCCH einen substanziellen Unterschied für die Menschen.
Was ich mir wünsche: dass die Arbeit kontinuierlich weitergeführt werden kann. Und dass wir uns weiterhin gegenseitig unterstützen können.

 Wir können den Dank nur von Herzen zurückgeben. Für uns ist es unglaublich wichtig, Partner vor Ort zu haben, die unsere Haltung teilen und denen wir unser Vertrauen schenken können.
Das sehe ich auch so, ich freue mich auf die zukünftige Zusammenarbeit!

Wir auch, lieber Peter – vielen herzlichen Dank für das Gespräch!

20.03.2025

Seit 22 Jahren für Betroffene von “Agent Orange” im Einsatz

Das Team von GCCH traf sich mit Dr. Daniel Hueskes und seinem Sohn Benjamin Hueskes. Dabei gaben die beiden Orthopädisten Einblicke in ihre ehrenamtliche Arbeit: die Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln und operativen Behandlungen für Kinder und junge Erwachsene mit Behinderungen.  

Als Daniel Hueskes im Jahr 2003 vor seiner ersten Reise nach Vietnam stand, fragte er seinen Sohn: «Benjamin, was meinst du? Soll ich das machen?».  Er antwortete ihm: «Ja, dann musst du halt dafür deine Ferien aufgeben». Und so begann vor 22 Jahren die Zusammenarbeit mit Green Cross Switzerland.

Dabei wurde grosser Wert daraufgelegt, dass die Orthopädie-Projekte nachhaltig wirken. Aufgrund der Erfahrung eines anderen Projekts, bei welchem 30 Kinder mit Orthesen versorgt wurden und bei der Nachkontrolle dann enttäuscht festgestellt werden musste, dass keiner der Stützgeräte mehr an den Beinen der Kinder gewesen war, sagte sich Daniel Hueskes im Jahr 2003:

«Nein, dieses Mal nicht! Ich möchte die ansässigen Orthopädisten oder Orthopädie-Ärzte miteinbeziehen und dass die Versorgung mit Materialen gemacht werden, die in Vietnam zu finden sind. Es ist wenig zielführend, hochtechnisches Material anzuwenden, sondern es muss die Hilfe zur Selbsthilfe gefördert werden».

Bei Kindern ist es wichtig, dass die Orthesen und Prothesen nach einem Jahr aufgrund des schnellen Wachstums erneuert werden können. «Wenn die Person, die die Prothese gemacht hat, schon vor Ort ist, dann kann sie dementsprechend die Prothese vervollständigen und einen neuen Gips machen», sagt Daniel Hueskes.

Benjamin Hueskes fügt hinzu: «Das ist natürlich der Sinn vom Ganzen: die Leute in Vietnam so zu schulen, dass sie die Versorgungen selbst machen können, auch wenn wir nicht dort sind. Das ist auch schon vorher gemacht worden. Wir geben einfach Unterstützung oder führen Schulungen durch. Wir nehmen auch keine Sachen aus der Schweiz mit. Es funktioniert nicht so, dass sie uns damit beauftragen, Gipse zu erstellen, und wir sie dorthin bringen. Nein, wir machen es vor Ort zusammen. Wir unterstützen und beraten sie, aber grundsätzlich können sie es selbst machen».

Grösstenteils werden die notwendigen Orthesen und Prothesen in Vietnam produziert. Das ist auch wichtig, weil verschiedene Faktoren, wie beispielsweise Luftfeuchtigkeit, beachtet werden müssen. In Ausnahmefällen nehmen die Orthopädisten aus Basel etwas mit nach Vietnam. Momentan sind sie eine Versorgung für eine junge Frau am vorbereiten. Sie hat kein Schienbein und verkürzte Knochen. Ohne Prothese läuft sie auf dem Knochengelenk. Während der Coronazeit erhielt sie darum Prothesen, die aber mit 3,5 kg sehr schwer sind. Sie hat zum ersten Mal einen Job gekriegt und freut sich, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Bei der Arbeit muss sie aber immer die schweren Prothesen tragen. In diesem Fall werden zwei Prothesenfüsse-Passteile aus der Schweiz mitgenommen. Sie sind mindestens anderthalb Kilo leichter, was der jungen Frau ihr Leben um einiges erleichtern wird.

«Ich wollte wissen, ob er leben will»

In ihrer ehrenamtlichen Arbeit haben Daniel und Benjamin Hueskes viele Menschen mit schweren Schicksalen kennengelernt. Wir haben gefragt, ob es unter den Menschen, die sie bisher in Vietnam getroffen haben, eine Geschichte gibt, die ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist. “Ja”, antwortete Dr. Hueskes mit Ergriffenheit.

Was ist “Agent Orange”?

“Agent Orange” ist ein chemisches Entlaubungsmittel, das mit dem hochgiftigen Dioxin TCDD verunreinigt ist. Die Bezeichnung “Agent Orange” kommt von den orangefarbenen Streifen, mit denen die Fässer gekennzeichnet waren. Insgesamt 45’677’837 Liter versprühte die amerikanische Luftwaffe zwischen 1962 und 1971, um den Dschungel zu entlauben und sich somit einen strategischen Vorteil im Vietnamkrieg zu verschaffen. Das toxische TCDD verbleibt sehr lange in der Umwelt und ist heutzutage noch in den Böden, Gewässern und somit im Nahrungskreislauf zu finden. Der Giftstoff verursacht vererbbare Genmutationen, Fehlbildungen und schwere Krankheiten.  

Dr. Daniel Hueskes

Bereits in den 60er Jahren hatte Daniel Hueskes in der Zeit der Contergan-bedingten Fehlbildungen wegweisende orthopädische Hilfsmittel für Kinder mit verstümmelten oder fehlenden Gliedmassen entwickelt und gebaut.

Die Einnahme des Schlaf- und Beruhigungsmittels Contergan führte zu einer Häufung von schweren Fehlbildungen und dem Fehlen von Gliedmassen und Organen bei Neugeborenen.

05.07.2024

“Krieg ohne Ende” – Interview mit Peter Jaeggi

“Krieg ohne Ende” – Interview mit Peter Jaeggi

Der freischaffende Journalist, Fotograf und Filmemacher Peter Jaeggi widmet sich seit langem der Erforschung der Auswirkungen von Katastrophen. In seinem neuesten Buch mit dem Namen ‘Krieg ohne Ende’ befasst er sich mit den Spätfolgen des Einsatzes des hochgiftigen Herbizids ‘Agent Orange’ während des Vietnamkrieges. Peter Jaeggis Arbeit trägt dazu bei, das Bewusstsein für die langfristigen Folgen zu schärfen. Ein Beitrag, dass die betroffenen Menschen nicht vergessen werden.

Im Interview mit Green Cross Switzerland gibt Peter Jaeggi Einblicke in sein neuestes Buch, das sich durch eine intensive Vor-Ort-Recherche auszeichnet.

Wie sind Sie zum Thema dieses Buch gekommen und weshalb war es für Sie persönlich ein Anliegen?
Alles begann mit Roland Wiederkehr. Ich kannte den damaligen Nationalrat und Gründer des Green Cross bereits vor dessen Anfangszeiten, als er der erste Geschäftsführer des WWF Schweiz war. Ende der Neunzigerjahre lud mich Roland Wiederkehr im Namen des Grünen Kreuzes nach Belarus ein, um die Spätfolgen der Tschernobyl-Katastrophe zu dokumentieren. Belarus wurde am stärksten vom Super-GAU getroffen. Green Cross führte mich schliesslich auch nach Vietnam, um zu den Spätfolgen des Vietnamkrieges zu recherchieren. Im Jahr 2000 erschien mein erstes Buch dazu, mit dem Titel «Als mein Kind geboren wurde, war ich sehr traurig». Dieses zweite journalistische Langzeitprojekt begleitet mich bis heute. Das neue Buch «Krieg ohne Ende» ist bereits das dritte zum Thema des Chemiewaffeneinsatzes von damals.

Für die Entstehung Ihres Buches haben Sie eine Vor-Ort-Recherche durchgeführt, die zahlreiche Gespräche mit den Betroffenen von Agent Orange beinhaltete. Gibt es eine Begegnung, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Sehr viele. Auf unserer ersten Recherchereise begegneten wir der jungen Mutter Phan Thi Cuc und ihren drei Kindern. Die beiden älteren wurden mit einem Körper geboren, dessen Anblick kaum erträglich war. Ich hatte vorher noch nie derartige Missbildungen bei einem Menschen gesehen. Der Vater kam im Krieg mit dem dioxinhaltigen Agent Orange in Kontakt. Dioxin schädigt das Erbgut. Er ertrug den Anblick seiner behinderten Kinder nicht und nahm sich das Leben – mit einem Pestizid. Die meisten Begegnungen mit Opfern und ihren Familien gehen unter die Haut. Viele Betroffene brauchen eine 24-Stunden-Betreuung. Die Eltern sind meist arm und müssen häufig ohne fremde Hilfe zu Rande kommen. Dies oft während Jahrzehnten, da die Kinder immer älter werden und es an geeigneten Heimen fehlt. 

Sie schreiben: «Ein Lexikon zeigt: Im Vietnamkrieg war die halbe Welt involviert.» Wie müssen wir uns diese Situation vorstellen?
Nur einige Beispiele: Die Schweiz lieferte Zeitzünder sowie Pilatus-Porter-Flugzeuge, mit denen Bomben abgeworfen wurden und die mit Maschinengewehren bestückt werden konnten. Neben Staatsangehörigen aus den USA waren auch Soldatinnen und Soldaten aus Australien, Neuseeland, Kanada und Südkorea an der Front in Vietnam. Die damalige DDR baute ein Luftverteidigungssystem auf, die Bundesrepublik Deutschland entsandte Tausende von Technikern, unter anderem jene, die auf Waffensysteme spezialisiert waren. Die japanische Insel Okinawa war im Vietnamkrieg die wichtigste Luftwaffenbasis der USA. Dort wurden mehr als tausend Atombomben, aber auch Nervengas und Agent Orange gelagert.

Das zentrale und notwendige Hauptthema ihres Buches sind die Opfer von Agent Orange. War es für Sie besonders wichtig, den Opfern eine Stimme zu geben, die ja ansonsten – unabhängig von Konflikten – schnell vergessen werden?
Katastrophen und Kriege hören mit dem Schweigen der Waffen nicht einfach auf. Am wenigsten für die Opfer. Wie das Beispiel Vietnam zeigt, können Kriege Mensch und Natur über Generationen hinweg schädigen. Die vietnamesische Opfervereinigung VAVA spricht heute bereits von der fünften Generation von Kindern, die Agent-Orange-geschädigt geboren werden. Es kann nicht gesagt werden, wie viele weitere Generationen noch betroffen sein werden. Es ist sehr wichtig, dass das Leiden der Opfer nicht vergessen und darüber informiert wird.

Wie schätzen Sie die derzeitige Situation der Betroffenen in Vietnam ein?
Ich habe Kriegsveteraninnen und -veteranen stets gefragt, was sie heute für die USA empfinden. Fast ausnahmslos kam als erste Antwort: «Was geschehen ist, ist geschehen. Man muss verdrängen, um weiterleben zu können, nach vorn schauen.» Doch ist es auch die Stimme des Herzens? In der traditionellen vietnamesischen Kultur trägt man Schmerz und Trauer nicht auf der Zunge. Spricht man länger mit Kriegsopfern, hört man oft die Enttäuschung darüber, dass sich Washington bis heute nie für diesen Krieg entschuldigt hat. Die USA helfen zwar seit Jahren, stark vergiftete Agent-Orange-Hotspots zu sanieren. Man investiert Hunderte von Millionen. Viele Betroffene beklagten sich aber in meinen Interviews darüber, dass dabei die Opfer zu kurz kommen und nicht genügend unterstützt werden.

Was denken Sie, ist heutzutage notwendig, um den Opfern der Katastrophe gerecht zu werden?
Es braucht mehr Geld, um betroffenen Familien ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Zum Beispiel Pflegepersonal, das überforderten Eltern hilft. Da ist zwingend auch mehr Engagement der USA gefragt – aber auch von Vietnam selbst. Es fehlen zudem zuverlässige Opferstatistiken. Diese wären wichtig für die Planung von Hilfestellungen. Wie kann man effizient helfen, wenn man gar nicht weiss, wie viele Opfer es tatsächlich gibt? – Der Chefarzt eines grossen Spitals beklagte sich im Interview über Ausbildungslücken bei Ärztinnen und Ärzten. So sei das Erkennen und rechtzeitige Behandeln von Geburtsfehlern sehr schwierig. Für die spätere Gesundheit betroffener Menschen sei eine professionelle Früherkennung jedoch zentral.

Sie sprechen in Ihrem Buch auch über betroffene Veteran:innen: Wie entwickelte sich die Situation für Militärangehörige (der USA)?
Man vergisst häufig, dass auch Hunderttausende von amerikanischen Vietnamkriegsveteranen und -veteraninnen Agent-Orange-geschädigt sind. In den USA muss ein Veteran keine Beweise erbringen, dass Agent Orange an seinem Leiden schuld ist. Es genügt der Nachweis, dass er oder sie im Vietnamkrieg war, und die medizinische Behandlung wird bezahlt. Von vietnamesischen Agent-Orange-Opfern hingegen fordern die USA einen Beweis – der nach strikten wissenschaftlichen Kriterien nicht zu erbringen ist. So kann zum Beispiel nicht ermittelt werden, welchen Anteil einer Vergiftung durch Agent Orange und wieviel von anderen Quellen verursacht worden ist. Das ist ein Hauptgrund, weshalb Washington und die US-Gerichte bis heute alle Forderungen nach Kompensation abgelehnt haben. Für das offizielle Amerika gibt es also zwei Klassen von Agent-Orange-Opfern: die eigenen, denen teilweise Agent-Orange-Krankheiten zugestanden werden, und die vietnamesischen, die Washington nicht als Giftopfer anerkennt. Der amerikanische Vietnamkriegsveteran Chuck Searcy sieht darin eine «kriminelle Doppelmoral». Searcy gehört zu jenen ehemaligen Soldaten, die in Vietnam geblieben sind und dort grossartige humanitäre Arbeit leisten. Er war u.a. Mitbegründer des «Project Renew», einer NGO, die Blindgänger aufspürt und entsorgt und so schon unzähligen Menschenleben rettete.

Auch gehen Sie auf die notwendige juristische Aufarbeitung ein, die jedoch oft einem Kampf «David gegen Goliath» gleicht. Fast alle Wiedergutmachungsklagen gegen die Herstellerfirmen von Agent Orange werden mit der Begründung abgewiesen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Agent Orange und Missbildungen nicht bewiesen werden kann. Besteht dennoch Hoffnung, die Klagen auch in Zukunft weiterzuführen?
Eine grosse Hoffnung steckt momentan in dem laufenden Gerichtsverfahren, das die Vietnam-Französin Tran To Nga in die Wege geleitet hatte. Die ehemalige «Vietcong» – so nannte man despektierlich Angehörige der südvietnamesischen Befreiungsfront  – verklagte 2014 die grössten Hersteller von Agent Orange auf Schadenersatz. In der ersten Instanz verlor Tran To Nga das Verfahren. Dieses wurde jahrelang mit teilweise abenteuerlichen Forderungen verschleppt. Das erstinstanzliche Gericht in Évry begründete 2021 das Urteil damit, dass Firmen, die im Auftrag des Staates gehandelt hätten, Immunität geniessen würden, sie also nicht angeklagt werden könnten. Die Anwälte der heute 82-jährigen zogen das Urteil weiter. Im kommenden Mai wird nun das höchste französische Berufungsgericht in Paris das wohl endgültige Urteil verkünden. – Warum findet der Prozess in Frankreich statt? Weil die französische Gesetzgebung eine Besonderheit kennt: In Frankreich können nämlich im Gegensatz zu anderen Ländern auch Einzelpersonen einen fremden Staat verklagen, wenn dieser einer Bürgerin, einem Bürger Schaden zufügt.

 Um die Gefahr von Agent-Orange zu mildern, ist eine Dekontamination der Böden bei Dioxin-Hotspots wichtig. Die USA engagiert sich hierbei mit Millionenbeträgen. Allerdings wird die angewandte Methode zur Sanierung von einigen Expert:innen als nicht optimal eingestuft. Können Sie dies näher erläutern?
2018 wurde auf dem ehemaligen US-Luftwaffenstützpunkt und Agent-Orange-Umschlagplatz Da Nang eine rund 110 Millionen teure Sanierung beendet. Laut offiziellen Angaben wurde die dioxinverseuchte Erde auf 360 Grad erhitzt und so das Gift in unschädliche Bestandteile umgebaut. Dabei entwich ein Teil der dioxinhaltigen Abgase in die Luft und vergiftete die Umgebung erneut. Niemand weiss, welche Giftmengen entwichen. – Derzeit läuft etwa 500 Kilometer weiter südlich, in Bien Hoa, die bisher grösste Hotspot-Entgiftungsaktion. Mit dem gleichen Verfahren. Lorenz Adrian vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig, der seit Jahrzehnten an vorderster Front der Dioxinforschung tätig ist, kritisiert das Verfahren scharf, das in Da Nang und jetzt wieder in Bien Hoa angewendet wird. Eine vollständige Vernichtung des Dioxins sei mit dem Hitzeverfahren nämlich gar nicht möglich. Er schlug der vietnamesischen Regierung eine auf den ersten Blick verblüffende und seiner Meinung nach sichere Lösung vor: Mit Hilfe von speziellen Bakterien können selbst hochgefährliche Giftstoffe im Boden biologisch garantiert unschädlich gemacht werden. Diese Methode könne selbst in überbauten Gebieten helfen. Es brauche eigentlich nur eine Bohrung, dann Bakterien rein – und abwarten. Es dauere zwar viele Jahre, bis das Dioxin abgebaut sei, dafür aber sei das Prozedere sicher und um ein Vielfaches billiger als die Hitzemethode.

 Was haben Sie persönlich aus Ihrer langjährigen Auseinandersetzung mit diesem Thema gelernt, vor allem auch im Hinblick auf andere globale Krisenherde?
Ich antworte mit einer Gegenfrage. Angesichts von Kriegskatastrophen wie in Vietnam, nach Kriegen der Neu- und Jetztzeit scheint der Ruf «Nie wieder Krieg!» das Selbstverständlichste, das Logischste und das absolut Zwingendste und Humanste der Welt zu sein. Aber weshalb funktioniert es nicht? Weshalb immer wieder Krieg? Könnte ein Teil der Antwort auch in mangelnder Bildung liegen? Ich komme deshalb darauf, weil kürzlich darüber berichtet wurde, wie einige Schweizer Schüler Hitler als kultigen Star begreifen. Unglaublich!

 

Die Agent-Orange Fotos zu den Arbeiten von Peter Jaeggi realisiert seit 1999 der preisgekrönte Basler Fotograf Roland Schmid https://www.schmidroland.ch/

Sie können das Buch ‘Krieg ohne Ende’ über den folgenden Link bestellen. Mit dem Vermerk ‘Green Cross’ werden bei jedem Kauf eines Exemplars 5 Franken für Hilfsprojekte in Vietnam gespendet.

04.07.2024

30 Jahre GCCH: Ehrung Roland Wiederkehr

30 Jahre GCCH: Ehrung Roland Wiederkehr

Anlässlich des 30jährigen Bestehens von Green Cross Switzerland wurde Roland Wiederkehr am 22. Juni 2024 für seine Lebensleistung geehrt und ins Patronat unserer Stiftung aufgenommen. Béatrice G. Lombard-Martin, unsere Stiftungsratspräsidentin, und unser Geschäftsführer Martin Bäumle überreichten Wiederkehr dafür feierlich eine Urkunde. Gemeinsam mit Michail Gorbatschow gründete Roland Wiederkehr im Jahr 1993 Green Cross International, im folgenden Jahr Green Cross Switzerland. Bis heute setzt sich unser Hilfswerk für die Betroffenen von menschengemachten Katastrophen ein. Was wir in den letzten 30 Jahren erreicht haben, wäre ohne die Pionierarbeit von Roland Wiederkehr nicht möglich gewesen.

Die Idee hinter Green Cross war, eine Organisation nach dem Vorbild des Internationalen Roten Kreuzes zu schaffen, die sich jedoch auf Umweltschutz, nukleare Abrüstung, Sicherheitspolitik und die Bewältigung von menschgemachten Katastrophen, insbesondere Industrie- und Militärkatastrophen, fokussiert. Ein wichtiges Ziel ist bis heute die rasche und langfristig wirksame Hilfe zur Selbsthilfe geblieben. Das länderübergreifende SOCMED-Programm (Social and Medical Care and Education) ist deshalb rasch zu einem Schwerpunkt unserer Stiftung geworden.

Seit der Gründung sind wir stark auf die Bewältigung der Tschernobyl-Katastrophe in den am stärksten betroffenen Gebieten in der Ukraine, Russland und Belarus fokussiert. Als eine von nur wenigen NGOs führen wir unser Engagement in diesem Bereich bis heute fort, soweit es die durch den Ukrainekrieg bedingten Umstände zulassen.

Zudem engagierten sich Roland Wiederkehr und Green Cross Switzerland erfolgreich im Bereich der Chemiewaffenregulierung und -vernichtung. So setzte sich Wiederkehr beispielsweise erfolgreich für die Beteiligung der Schweiz an der Umsetzung der Chemiewaffenkonvention ein. Seit 1998 sind wir auch in Vietnam tätig, wo der Einsatz des Entlaubungsmittels „Agent Orange“ im Krieg (1965-70) immer noch sehr gravierende Konsequenzen für Mensch und Umwelt hat. Wiederkehr erkannte, dass in diesem Bereich dringend Hilfe geleistet werden muss, weil sich die Verantwortlichen nach wie vor ihrer Verantwortung entziehen.

Nach der Ausweitung der Projektarbeit in zahlreiche weitere Länder folgte Mitte der 2010er-Jahre eine Fokussierung auf die Projektarbeit in der Region um Tschernobyl sowie Vietnam. Die Gegenwart wird vom Ukrainekrieg geprägt, d.h. von der dadurch bedingten Einschränkung der Projektarbeit in Belarus, der Umstellung auf Nothilfe für Kriegsbetroffene in der Ukraine und der vorläufigen Beendigung der Tätigkeit in Russland.

Roland Wiederkehr kann der Zukunft von Green Cross Switzerland zufrieden und optimistisch entgegenblicken. In den letzten Jahren konnte unsere Stiftung dank erfolgreichem Fundraising beträchtliche Reserven aufbauen und erhöht die Projektausgaben nun schrittweise. Auch wenn wir der Ausweitung der Projektarbeit in neue Länder offen gegenüberstehen, steht fest, dass unsere Stiftung der Ambition Wiederkehrs in den Jahren nach der Gründung treu bleiben und weiterhin einen Schwerpunkt auf das Engagement in der Region um Tschernobyl legen wird. Soweit es die Umstände des Krieges zulassen, und insbesondere nach dem Krieg, wird dort der Ausbau des SOCMED-Programms eine prioritäre Aufgabe unseres Hilfswerks sein.

Im Interview mit Green Cross-Mitarbeiter Jakob Vetsch gibt Roland Wiederkehr Einblicke in die Entstehung von Green Cross Switzerland.

Lieber Roland, wir freuen uns, Dich als Gründungspersönlichkeit von Green Cross Switzerland in unseren Räumen willkommen zu heissen. Gerne möchten wir zusammen auf die Entstehungsgeschichte unserer Stiftung zurückblicken. Zum Einstieg: Welche Eigenschaften muss eine Gründerpersönlichkeit generell mitbringen? Welche Umstände müssen erfüllt sein, damit es zur Gründung einer Organisation kommt?

Vielen Dank für die Einladung, welche ich gerne angenommen habe. Ich habe auch gedacht, dass es Wissenslücken im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte gibt, Dinge, die bei Green Cross Switzerland weniger bekannt sind. Ich war 20 Jahre der Geschäftsführer des WWF und verliess die Umweltorganisation, nachdem mir der administrative Aufwand zu gross geworden war. Ich bin Pionier; ich wollte etwas aufbauen und habe mich deshalb für das Grüne Kreuz* entschieden. Weshalb? Beim WWF waren die neuen Gefährdungen der Menschheit, wie z.B. die Klima-, Chemie- oder Industriekatastrophen ein geringes Thema. Es durfte auch kein Thema beim WWF sein, weil es uns überfordert hätte. Ich dachte mir: Es braucht ein zusätzliches Gefäss, welches der Idee vom Roten Kreuz nachgeht, umgemünzt auf die ökologischen Katastrophen. Das Rote Kreuz teilte mir Anfang der 90er Jahre mit, dass sie keine Kapazitäten für diese Themen hätten. Obwohl das heute anders aussieht, habe ich mich damals entschieden, das Grüne Kreuz zu gründen.

Das Grüne Kreuz als Ergänzung, als Umweltentsprechung zum Roten Kreuz.

Exakt. Aufgrund der verlässlichen Strukturen wollte ich diese Gründung in der Schweiz vollziehen. Wir gingen davon aus, dass die Schweiz weniger Korruption kennt und es für uns leichter ist, eine Organisation zu gründen. Zudem können Spenden an Stiftungen von den Steuern abgesetzt werden. Diese Tatsache war ein weiterer Vorteil.

Die Schweiz wurde bisher von grösseren Katastrophen, wie z.B. Chemieunfällen, verschont und im Land herrschen keine kriegerischen Auseinandersetzungen. Kann diese Ruhe die Projektentwicklung begünstigen?

In der Schweiz kann davon ausgegangen werden, dass die Ideen durchdacht sind und Rechtssicherheit gegeben ist. Aus diesem Grund setzte ich mich für einen Hauptsitz von Green Cross in Genf ein und habe Kontakt mit Flavio Cotti, damaligem CVP-Bundesrat, aufgenommen. Er wurde an die erste UNO-Konferenz für Umweltfragen eingeladen und ich habe ihn gebeten, die Idee des Grünen Kreuzes dort zur Debatte zu stellen. Gleichzeitig haben wir als Petition 150’000 Unterschriften gesammelt, um die Idee zu bestärken. Was stand hinter dieser Idee?

Du hast zuvor die Chemieunfälle erwähnt bzw. -waffen angedeutet. Nach Beendigung des Kalten Kriegs wurde von der sauberen Vernichtung sämtlicher Chemiewaffen gesprochen, ohne dass sie wieder verwendet werden können für neue Zwecke. Als ich selbst in Russland war, konnte ich beobachten wie lasch die Sicherheitsvorschriften für die Lagerung von Chemiewaffen war: Zu tausenden wurden sie in Wellblechhütten gelagert und nur mit einem einfachen Schloss gesichert. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren diese Lager unbewacht und auch die Standorte waren nicht bekannt. Erst durch langwierige Arbeiten erfuhren wir weitere Details. Mit dieser Grundlage konnten wir Dokumente erstellen, welche die dringende Bedeutung der Zerstörung der Chemiewaffen hat. Ich habe mich für den Einsatz der Schweiz in diesem Prozess stark gemacht. Mit Erfolg: Die Schweiz steuerte 16 Mio. Franken für die Umsetzung der Chemiewaffenkonvention bei. Heute werden die Chemiewaffen, wie wir leider Zeuge wurden, wieder eingesetzt, wie z.B. im Syrienkrieg.

Du hast Dich früh für Umweltthemen stark gemacht. Als Parlamentsmitglied kanntest Du den bereits erwähnten Bundesrat Flavio Cotti. Hat er in Bezug auf Dein Anliegen eine zündende Funktion international übernommen? Konnte er international eine Türe öffnen?

Ja das ist richtig. Es war aber auch zentral, dass man durch das Sammeln der 150’000 Unterschriften von unten, also «bottom up», Druck aufbauen und es dem Bundesrat vorlegen konnte. Ich habe auch eine parlamentarische Gruppe Green Cross gegründet, bei welcher viele Parlamentarier:innen dabei waren, die wiederum auch die Petition zur Gründung von Green Cross unterschrieben haben. Damit im Schweizer Parlament weiter für Umweltthemen sensibilisiert werden konnte, habe ich die maledivische Regierung nach Bern eingeladen. Denn die Malediven kämpfen bis heute mit dem ansteigenden Meeresspiegel. Aus Dankbarkeit für diese Einladung haben sie dem Grünen Kreuz einen Wimpel geschenkt. Medial wurde dieses Thema zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegriffen.

Dann musste zuerst entsprechendes Bewusstsein für die Schweizer Öffentlichkeit geschaffen werden?

Das ist mit vielen Angelegenheiten so, oder? Ähnliches sehen wir heute mit der Klimakrise. Da gibt es sogar wieder Gegenpositionen.

Die Förderung des Bewusstseins für Umweltprobleme war auch damals ein grosses Thema. Ich habe Gorbatschow angefragt, ob er eine Rede vor dem Schweizer Parlament halten möchte, was er auch getan hat. Er hielt eine spannende, gute Rede über Frieden, Abrüstung und wie Gelder eingesetzt werden können. Das war das Credo von uns beiden: Wir waren der Überzeugung, dass Geld gebraucht wird, um den Planeten zu erhalten. Um weitere Sympathisant:innen für unsere Idee zu finden, reisten wir zusammen in die USA. In Kalifornien trafen wir viele Schauspieler:innen, die wir für unsere Mission gewinnen konnten. Ein Multi-Millionär war zudem bereit, das Grüne Kreuz USA zu unterstützen. Bis heute ist das Grüne Kreuz in Kalifornien stark.

Du hast zuvor Michail Gorbatschow erwähnt. Er wird immer wieder als Gründungspräsident von Green Cross neben Dir als Direktor erwähnt. Wie kam dieser Kontakt zustande?

Ich habe ein Telefon aus dem Umkreis von Gorbatschow erhalten und sie meinten, sie würden uns gerne treffen. Sie hatten eine ähnliche Idee wie ich; also die Etablierung einer Umweltorganisation à la Grünes Kreuz. Wir haben uns in New York getroffen und beschlossen, gemeinsame Sache zu machen. Ich habe Gorbatschow als ehrliche und gutmütige Person kennengelernt.

Nach dem Tod von Gorbatschow am 30. August 2022 hast Du dem Schweizer Fernsehen ein Interview gegeben und das SRF hat das Interview mit einem Zitat von Gorbatschow getitelt: «Gorbatschow wollte, dass alle genug haben aber nicht zu viel.»[1]

Ja, ich war erstaunt, weil Gorbatschow eigentlich in Moskau nur in einer 3-Zimmer Wohnung gelebt hat.

Damals entstanden in kurzer Zeit verschiedene neue Ableger, Du erwähntest z.B. die USA oder die Schweiz. Wie sah die Zusammenarbeit mit den anderen nationalen Ablegern aus?

Ich konnte leider aufgrund des damit verbundenen Aufwandes nicht allzu lange bleiben. Gorbatschow machte mich zum Direktor von Green Cross International und es war eine grosse Belastung, weil ich die Hälfte der Woche in Den Haag, dem Sitz einer der besten Green Cross-Ableger, und die restliche Zeit in Genf gewesen bin. Ich muss meiner Frau Marianne danken, die sich zu dieser Zeit vor allem um die Kinder gekümmert hat. Als die Zuständigkeiten neu aufgeteilt werden konnten, war ich froh, denn ich war auch tätig für andere nationale Ableger von Green Cross. Dieser grosse Aufwand wurde mir zu viel.

Gorbatschow und Du waren natürlich auch wichtig für die Gründung von Green Cross Schweiz. Wie siehst Du die Entwicklung von Green Cross Schweiz? Erkennst Du neue Projektmöglichkeiten in Bezug auf Umweltlage und Klimafaktoren?

 Die Situation sieht heute sicherlich anders aus. Viele Organisationen haben die Themen aufgegriffen, auf die wir in den 90er Jahren aufmerksam gemacht haben. Ich möchte jedoch auch noch betonen, dass neben den Russen auch die Amerikaner Dinge getan haben, die Mensch und Umwelt geschadet haben, wie der Einsatz von Agent Orange in Vietnam. Aus diesem Grund wollte ich auch, dass sich Green Cross auch in Vietnam engagiert und habe mit freiwilligen Orthopädist:innen und Ärzt:innen, namentlich u.a. Dr. Daniel Hueskes und Dr. Claude Müller Projekte begonnen umzusetzen, welche die durch das Herbizid beeinträchtigten Kinder und Jugendliche behandeln sollten. Ich bin glücklich, dass ihr diese Arbeit auch heute noch fortsetzt.

Zu Deiner Frage, was in Zukunft getan werden könnte. Ich glaube heute müssen Teams mit anderen Organisationen gebildet werden. Denn zusammen kann wesentlich mehr erreicht werden, es entsteht so auch einen grösseren Druck.

Ich habe immer versucht mit anderen zusammenzuarbeiten, auch beim WWF. Natürlich ist das Erreichen der Ziele eine komplexe Arbeit. Vor Herausforderungen wird man immer gestellt und Enttäuschungen müssen verkraftet werden.

Gut, dass Du das erwähnst. Welche besonderen Herausforderungen waren bei der Gründung von Green Cross vorhanden? Traten Rückschläge oder Enttäuschungen auf?

Nein, die Gründungsphase von Green Cross lief sehr gut, weil es mit dem Namen «Gorbatschow» verbunden war. Erst später kamen Kleinigkeiten dazu, wie z.B. die Tatsache, dass rechtsbürgerliche Kreise im Parlament die Rede von Gorbatschow verhindern wollten. Generell musste ich auch aufgrund des Stresses loslassen. Denn Stress macht – wie wir wissen – auch krank.

Ja, so erleben wir Dich auch bei Green Cross Schweiz. Du warst an unserem Charity Event präsent, bist unser Interviewpartner und dennoch habe ich es nicht erlebt, dass Du Dich hier einmischst.

Ja, wie Du weisst, setzte ich mich ja auch noch für andere Organisationen oder Fragestellungen ein, z.B. Roadcross oder die zunehmende Prämienproblematik. Gleichzeitig war ich froh, die Arbeit an andere zu übergeben, auch bei Green Cross.

Hättest Du noch abschliessend einen Wunsch an Green Cross Schweiz?

Ich denke die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und der Einsatz für die sehr grossen Probleme, wie z.B. die Klimakrise, ist wichtig. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass man wieder die Regierungen von der globalen Erwärmung stark betroffenen Staaten einlädt, wie wir das mit der maledivischen Regierung getan haben. Ich bin überzeugt, dass die Medien diese Themen heute völlig anders aufgreifen würden.

Vielen Dank für Deine Anregung und Deine Teilnahme. Wir freuen uns sehr, dass wir Dich in einem Gespräch kennenlernen durften und wir das gute Einvernehmen weiterführen können.

* Heute wird die internationalisierte Version des Namens, «Green Cross Switzerland» verwendet.

[1]  srf.ch/news/schweiz/schweizer-weggefaehrte-gorbatschow-wollte-dass-alle-genug-haben-aber-nicht-zu-viel

13.12.2023

Solarenergie in der Ukraine

Solarenergie in der Ukraine

Solarenergie ist in der Ukraine kein neues Thema, sondern hat in den letzten Jahren im Staat immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dies geht aus einem gemeinsamen, 2021 veröffentlichten Statusbericht von der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) und dem Renewable Energy Policy Network for the 21st Century (REN21) hervor. In der Studie wurde die erneuerbare Energie in 17 Staaten in Osteuropa, dem Kaukasus, Zentralasien und Südosteuropa zwischen 2017 und 2021 untersucht. Es wird festgehalten, dass die Kapazität erneuerbarer Energie in der Region wesentlich gestiegen (um 21 Gigawatt = 1 Milliarde Watt, auf 106 GW) ist, wobei die Photovoltaik mit 58% der grösste Zubau ausmachte. Die Autor:innen stellen fest, dass in der Ukraine die erneuerbare Energie besonders stark zulegen konnte.

Ukraine auf gutem Weg, Ausbaumöglichkeiten sind aber vorhanden

Der Zuwachs an Wind- und Solarenergie war aus den 17 Staaten (u.a. Ukraine, Russland und Kasachstan) in der Ukraine mit mehr als 8 GW am höchsten. Das Land lag mit umgerechnet 3.4 Milliarden US-Dollar weltweit auf dem 17. Platz in Bezug auf die Investitionen in erneuerbare Energie. Die Solarenergie wird dabei im Inland auf Freiflächen und auch in privaten Haushalten gefördert. Die öffentlichen und privaten Investitionen sind in der Region aber eher bescheiden. Während z.B. in der EU die Investitionen in die Ökoenergie 2018 bei mehr als 55 Milliarden US-Dollar lagen, betrugen die eingesetzten Gelder in die erneuerbare Energie in der untersuchten Region im gleichen Jahr ca. 7.2 Milliarden US-Dollar. Auch ist die Ukraine nach dem UNECE weiterhin stark von fossilen Brennstoffen abhängig, die im Jahr 2020 70% der Primärenergieversorgung ausmachten.

Russische Invasion in die Ukraine und Beschädigung der Infrastruktur

Durch die Invasion der russischen Armee in die Ukraine wurde zudem die Erzeugung erneuerbarer Energie stark eingeschränkt. Laut dem Bericht waren im Juni 2022 90% der bisherigen Windenergiekapazität sowie 30% der Solar-Leistung nicht mehr im Betrieb.

Die gezielte Zerstörung der Infrastruktur traf somit nicht nur die ukrainische Energiebranche, sondern vor allem auch Gesundheits- und Bildungseinrichtungen. Bis zum Oktober 2023 wurden mehr als 4000 Bildungsstätten und Gesundheitsinstitutionen beschädigt, mehr als 150‘000 Wohngebäude zerstört. Dass demnach auch die Stromversorgung stark gefährdet ist, liegt auf der Hand.

Die Wiederherstellung der Stromversorgung durch Photovoltaik bietet sich deshalb auch als Chance für das Land an. Der Krieg erlaubt derzeit aber keine weiteren Entwicklungen der Solarindustrie in der Ukraine, sondern muss sich hauptsächlich auf das Überleben konzentrieren. Die Unterstützung der Ukraine in der Aufrechterhaltung der Solarenergie wird bereits vorangetrieben. So hat z.B. der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW) unter der Spendenaktion „Solar hilft“ eine Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Schule in Irpin unterstützt. Zudem hat das BSW zusammen mit SolarPower Europe und der Ukrainian Solar Energy Association (ASEU) das Ziel mit weiteren Spendenaktionen, den durch den Krieg immer wieder auftretenden Stromunterbrüche in Schulen und Krankenhäusern mit Solarenergie entgegenzuwirken.

Potenzielles Szenario der erneuerbaren Energieversorgung bis 2050

Das UNECE schätzt das Potenzial der Bioenergie, Wasser-, Sonnen- und Windenergie in der Ukraine als besonders hoch ein und diese könnten in Zukunft die Bausteine des Energiesystems der Ukraine sein und bis 2050 ca. 80% zur gesamten Energieerzeugung beitragen. Es bleibt vor allem auch nach einer zukünftigen Beendigung des Krieges die Herausforderung grössere Investitionen und Strategien zielgerecht umzusetzen.  Es steht aber fest, dass zusammen mit der Kernenergie, die erneuerbaren Energien die Ukraine in eine kohlenstoffneutrale Zukunft führen können.

Green Cross Switzerlands Einsatz für erneuerbare Energien

Ein nachhaltiger, auf wissenschaftlicher Erkenntnis beruhender Umgang mit unserem Planeten ist für Green Cross Switzerland seit der Gründung wichtig und hat in den letzten Jahren weiter an Bedeutung gewonnen. Deshalb planen wir im nächsten Jahr, 2024, gezielt die erneuerbare Energieversorgung in der Ukraine zu fördern und zu unterstützen. Ziel ist die Unterstützung der Bevölkerung mit erneuerbaren Energien in Gebieten, die unmittelbar vom Krieg betroffen sind und andererseits die nahe der Tschernobyl-Nuklearkatastrophe gelegene Region.

 

 

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07.12.2023

Ehrenamtliches Expertenteam auch im Herbst 2023 wieder in Vietnam im Einsatz

Ehrenamtliches Expertenteam auch im Herbst 2023 wieder in Vietnam im Einsatz

Seit 2004 setzen sich Schweizer Orthopädist:innen und Ärzt:innen ehrenamtlich in Kooperation mit Green Cross Switzerland für Betroffene von «Agent Orange» ein und reisen für gewöhnlich ein bis zweimal im Jahr nach Vietnam. Die Schweizer Spezialist:innen arbeiten eng mit dem lokalen Fachpersonal zusammen, bilden sie weiter und tauschen Erfahrungen aus. Das Fachwissen wird auch an dem Ausbildungszentrum für Orthopädietechniker:innen (Vietcot) in Hanoi durch die Schweizer Expert:innen vermittelt. Green Cross Switzerland unterstützt dabei das Expertenteam mit Infrastruktur, Material und bei der Logistik.

Auch im Herbst 2023 wurde wieder eine Reise nach Vietnam organisiert, an welcher die Orthopädisten Dr. med. h.c. Daniel Hueskes und Benjamin Hueskes sowie die Ärtz:innen Dr. med. Jiri Skarvan und  Dr. med. Christiane Brinkmann teilnahmen. In einem zweiwöchigen Aufenthalt besuchten sie auch das Vietcot. Die Ärzt:innen führten Anamnesen, Untersuchungen und Behandlungen vorwiegend an Kinder und Jugendlichen durch. Mit dem längeren Besuch konnte auch wieder lokales Fachpersonal entsprechend instruiert werden. Neben der Visite des Vietcots unternahm das Team auch Besichtigungen von lokalen Krankenhäusern in Hanoi oder Thai Nguyen.

Hilfe vor Ort

Während dieser Zeit wurden 11 PatientInnen im Vietcot und 15 PatientInnen im Kinderkrankenhaus in Vinh, die an Zerebralparesen oder anderen Erkrankungen des Bewegungsapparats leiden oder Klumpfüsse besitzen, erfolgreich von den Schweizer Spezialist:innen untersucht. Da insbesondere auch der Wissenstransfer beim Vietcot (Ausbildungszentrum) eine zentrale Rolle für die weitere Professionalisierung des Gesundheitspersonals spielt, nahmen an den Untersuchungen auszubildende Orthopädist:innen oder Pfleger:innen der Ausbildungsstätte teil. Zusätzlichen führten Benjamin Hueskes (CPO-D) und Cedric Pischel (OT) ein Prothetik Seminar für Orthopädietechniker:innen durch. Im 5-tägigen Seminar wurden 5 PatientInnen mit Prothesen von den Seminarteilnehmer versorgt. In Thai Nyguen wurden neben den 21 Untersuchungen 9 Operationen durchgeführt und 4 Kinder mit Prothesen und Orthesen versorgt.

Die Kooperation mit dem ehrenamtlichen Expertenteam ist für Green Cross Switzerland besonders wertvoll. Neben dem Einsatz für Betroffene von Agent Orange dient das Team auch als Bindeglied zu lokalen Partnern oder Gesundheitseinrichtungen und dem internationalem Wissenstransfer. Green Cross Switzerland bedankt sich herzlich für diese langjährige Zusammenarbeit und freut sich, Dr. med. h.c. Daniel Hueskes und Dr. med. Claude Müller im Oktober 2023 ins Patronat aufgenommen zu haben.

03.10.2023

Wassersituation in Burkina Faso

Wassersituation in Burkina Faso

Seit vielen Jahren herrschen im ostafrikanischen Land Burkina Faso grosse Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung. Diese Extremsituation hat verschiedene Gründe, wobei die meisten durch menschliche Aktivitäten verursacht wurden und werden.

Die Niederschläge im Land haben stetig abgenommen; es wird davon ausgegangen, dass im Sahelstaat nur noch ein Drittel so viel Regen wie vor 70 Jahren fällt. Die Temperaturen steigen wesentlich schneller und die Trockenzeiten sind länger. Dürren führen u.a. dazu, dass Gewässer vermehrt austrocknen oder zumindest stark rückläufig sind. Da 85% der Bevölkerung von Viehzucht und Landwirtschaft lebt, hat dies nicht nur Auswirkungen auf die Wirtschaft, sondern durch den Wassermangel kommt es zunehmend zu Konflikten zwischen den Bauern und Anwohner:innen.

Bewaffnete Konflikte verschärfen die Wasserversorgung

Auch die unsichere, politische Lage trägt zur Wasserknappheit bzw. Wasserversorgung in Burkina Faso zu. Nachdem das Militär den langjährigen Präsidenten Blaise Campaoré 2014 entmachtete, kam es seit diesem Jahr immer wieder zu erfolgreichen Putschversuchen, wobei der letzte Ende September 2022 stattfand. Lokale Milizen, sowie regionale Ableger der Terrororganisationen IS und von Al-Qaida destabilisieren die Lage weiter, indem sie Menschen, vorwiegend Frauen und Kinder kidnappen, ermorden oder vertreiben. Bisherige Fortschritte in der Verbesserung der Trinkwasserversorgung, werden durch Angriffe auf Wasseranlagen – als Taktik zur Vertreibung von Menschen – gefährdet. Aufgrund von bewaffneten Konflikten und der politischen Instabilität haben zu dieser Zeit mehr als 830.000 Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Die mangelnde Wasserversorgung wird leider durch das hohe Potenzial der Unterernährung und durch Krankheiten weiter ergänzt. Ein zentraler Teil der Bevölkerung ist deshalb auf humanitäre Hilfe angewiesen; UNICEF schätzt, dass über 5 Millionen Menschen (Davon 3.2. Millionen Kinder), d.h. ein Viertel der Gesamtbevölkerung entsprechende Hilfeleistungen benötigt. Über 2 Millionen Menschen mussten aufgrund der zunehmenden Gewalt flüchten.

Wasserversorgung als Thema auf der internationalen Bühne

An der UN-Wasserkonferenz 2023 vom 22. bis 24. März in New York wurde deshalb die mangelnde Wasserversorgung in verschiedenen, vorwiegend afrikanischen Staaten zum Thema gemacht. Denn der Zugang zu sauberem Wasser und entsprechenden sanitären Angeboten ist ein Menschenrecht und ist eines der in der Agenda 2030 festgelegten 17 UN-Zielen für die nachhaltige Entwicklung. UNICEF fordert u.a. eine schnelle Erhöhung der Investitionen in die Hygiene-, Wasser- und Sanitärversorgung und eine Fokussierung derjenigen Gebiete, die von den Wasserkrisen am stärksten betroffen sind durch Hilfsprogramme und politische Richtlinien.

Green Cross Switzerlands Einsatz in Burkina Faso

Im Rahmen des Wasser-Leben-Frieden Projekts von Green Cross Switzerland hat die Stiftung über Jahre hinweg beim Aufbau von Strukturen und beim Wissenstransfer über Wassermanagement, um Konflikten aus der Verknappung von Wasser in Burkina Faso vorzubeugen, mitgeholfen. Wasser-Leben-Frieden verfolgte als Projekt das Ziel, die Wasserversorgung durch Ausbildung von Betroffenengruppen oder technischen Interventionen in wasserarmen Gebieten zu fördern und das häufig verschmutzte Wasser zu säubern. Als Beispiel wurde in der Gemeinde Nagréongo ein Projekt Wiederherstellung des Bodennutzungspotenzials von Agraranbauflächen und von Bewässerungsinfrastrukturen realisiert.

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12.09.2023

Zerstörung der Infrastruktur in der Ukraine

Zerstörung der Infrastruktur in der Ukraine

Die Zerstörung der (kritischen) Infrastruktur hat seit der russischen Invasion im Februar 2022 stetig zugenommen. Durch die Kriegshandlungen werden (un)absichtlich immer wieder Privathäuser, Wohnungen oder öffentlich zugängliche Infrastruktur wie z.B. Einkaufszentren, Brücken oder Strassen beschädigt. Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms bei Cherson ist ein tragisches Beispiel für die Ausserkraftsetzung kritischer Infrastruktur.

Ein Grossteil der Zerstörung und Beschädigung der Infrastruktur findet nahe den Fronten im Osten und Südosten des Landes statt. Doch immer wieder werden auch Gebiete getroffen, die abseits der Kriegsgebiete liegen; in Kiev schlugen etwa im Juni Raketen ein. Durch die russischen Angriffe werden nicht nur Menschen und Tiere direkt getötet, sondern auch die jeweilige Infrastruktur beschädigt. Zudem ist der Wiederaufbau kostspielig und die regionalen Behörden können nicht immer alle Schäden abdecken, weshalb die Menschen auch auf Hilfe angewiesen sind.

Die Kyiv School of Economics berechnete, dass bis April 2023 der Gesamtbetrag der direkten, dokumentierten Schäden, die der ukrainischen Infrastruktur durch die russische Invasion bis April 2023 zugefügt wurden, sich auf 147.5 Milliarden Dollar belaufen. Inzwischen muss dieser Betrag – und auch in Zukunft – weiter angehoben werden. Während ca. ein Drittel dieses Betrages auf die Beschädigung oder Zerstörung von Wohnhäusern zurückgeht (54.4 Milliarden US-Dollar), wird der Schaden an der Infrastruktur auf ein Viertel (ca. 36.2 Milliarden US-Dollar) geschätzt.

Dass die Zerstörung der Infrastruktur sich im schlimmsten Fall auch zu einer globalen Katastrophe entwickeln kann, zeigt sich an den Angriffen auf Häfen entlang der Donau im Südosten der Ukraine. Seit August haben immer wieder zahlreiche russische Drohnenangriffe die Infrastruktur der Häfen beschädigt oder zerstört, da bei diesen Infrastrukturen das Weizen verladen wird, welches zum Export genutzt wird. Die Vernichtung des Weizens hat nicht nur für die Wirtschaft der Ukraine negative Einbussen zur Folge, sondern stellt die Empfängerstaaten vor weitere Herausforderungen.

Green Cross Switzerlands Beitrag für die erneute Instandsetzung der Infrastruktur

Die Zerstörung (kritischer) Infrastruktur in der Ukraine ist auch ein zentrales Thema für Green Cross Switzerland. Die Stiftung fokussiert sich in seiner Arbeit in der Ukraine neben der Lieferung von Systemen zur Trinkwassersäuberung und humanitären Gütern auf die Reparatur von Infrastruktur und die Lieferung von Gegenständen des alltäglichen Lebens. Im Frühjahr wurde den Retter:innen des Staatlichen Dienstes für Notfallsituationen Nowhorod-Siwerskyj ein Bootsmotor zur Verfügung gestellt. Die technische Infrastruktur half bei der Rettung von Opfern der Überschwemmungen im Nordosten des Landes. Im Sommer haben zudem mehr als 200 Kinder in der Region Cherson und Mikolajiv Rucksäcke für den Schulalltag erhalten und zerstörte Fenster konnten mit der Unterstützung von Green Cross Switzerland finanziert werden. Weitere Hilfeleistungen werden zu diesem Zeitpunkt geplant.

Der Wiederaufbau der Infrastrukturen in der Ukraine wird einige Jahre dauern. Deshalb hat sich Green Cross Switzerland das Ziel gesetzt in Zukunft ebenfalls beim Wiederaufbau mitzuhelfen.

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28.08.2023

Giftgasangriff auf Halabja, Irak 1988 – Langzeitfolgen bis heute

Giftgasangriff auf Halabja, Irak 1988 – Langzeitfolgen bis heute

Auch 35 Jahre nach dem Giftgasangriff auf die irakisch-kurdische Stadt Halabja im Osten des Landes, wird die lokale Bevölkerung durch das Ereignis bis heute geprägt. Am 16. März 1988 warfen irakische Flieger unter dem Regime von Saddam Hussein im Rahmen der Anfal-Offensive Senfgas und andere chemische Kampfstoffe über Halabja ab. Die Giftgaskampagne (Anfal-Offensive), die sich gegen kurdische Städte und Dörfer zwischen 1987-1988 richtete, war eine genozidale Massnahme, wobei die Offensive Halabja am härtesten traf. An diesem Tag starben mindestens 5‘000 der damaligen 40‘000 Einwohner:innen – vor allem Kinder, Frauen und ältere Menschen – an den Folgen des Giftgasangriffes. Weitere 7‘000 bis 10‘000 Menschen starben entweder an den Folgen der Verletzungen oder erlitten dauerhafte Gesundheitsschäden.

Noch heute leidet die Bevölkerung an den Folgen des Angriffs. Schwere Atemnot, Krebs, Missbildungen bei Neugeborenen, Totgeburten, Haut- und Augenkrankheiten, Unfruchtbarkeit und psychische Störungen treten in den betroffenen Regionen in einem erhöhten Mass auf. Die Region um Halabja ist eine der ärmsten Teile der Autonomieregion von Kurdistan. In vielen Dörfern und Siedlungen fehlt es an sauberem Wasser, an einer genügenden Gesundheitsversorgung und an entscheidender Infrastruktur.

 

Green Cross Switzerlands Engagement in Halabja und Umgebung

Green Cross Switzerland war über mehrere Jahre im Irak mit der Arbeit an Projekten aktiv. Zusammen mit der Gesellschaft für bedrohte Völker unterstützte Green Cross Switzerland seit 2008 fünf Jahre die im Nordirak tätige Entwicklungsorganisation WADI e.V. bei der Umsetzung von verschiedenen Projekten.

Einer der Schwerpunkte der Aktivitäten von Green Cross im Irak waren die mobilen Teams, welche die Dörfer der betroffenen Region regelmässig besuchten und der lokalen Bevölkerung mit medizinischer Betreuung und Beratung zur Seite standen. Zentral waren auch die Trainings- und Aufklärungskurse, an denen Frauen Wissen zu Frauenrechte, Gesundheitsprobleme, Kindererziehung und über die Langzeitwirkung von Giftgas auf den Menschen vermittelt bekamen. Um den Kindern eine bessere Perspektive zu geben sowie Hygiene und andere wichtige Themen auf spielerische Weise näher zu bringen, zirkulierten mobile Spielbusse zwischen den Dörfern. Mit einer Bibliothek, Musikinstrumenten und vielen Spielen, begleitet von Sozialarbeiterinnen und Gesundheitsfachleuten, half der Green-Cross-Spielbus Kindern in der vom Giftgasangriff traumatisierten Kurdenregion.

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