Agent Orange

Der tödliche Einsatz eines Entlaubungsmittel

Kurz nach der Unabhängigkeit Vietnams von der Kolonialmacht Frankreichs 1954 im Indochinakrieg, spaltete sich das Land in Nord- und Südvietnam auf und ein anschliessender Bürgerkrieg wurde ausgelöst. Der Bürgerkrieg entwickelte sich zu Beginn der 60er Jahre immer stärker zu einem Stellvertreterkrieg im Kalten Krieg; der Norden wurde von der UdSSR und China unterstützt, der Süden dagegen erhielt Rückendeckung durch die USA. Diese befürchtete den sogenannten «Domino-Effekt», d.h. die zunehmende Orientierung und Übernahme des Kommunismus durch ostasiatische Länder.

In der Folge begannen die USA direkt in Vietnam zu intervenieren. Diese Intervention sollte sich über Jahre hinziehen; die Vereinigten Staaten, aber auch Unterstützerstaaten wie Thailand, Australien, Philippinen usw. versuchten den Widerstand des Nordens vergeblich durch die Entsendung von Bodentruppen, Bombardierungen aber indirekt auch durch den Einsatz von Herbiziden zu brechen.

Von 1962 bis 1971 wurde das Entlaubungsmittel «Agent Orange» von der US-amerikanischen Armee eingesetzt; der Name stammte von den orangefarbenen Erkennungsstreifen auf den 55-Gallonen-Fässern, in denen es gelagert wurde. Einerseits sollte dadurch der Dschungel entlaubt werden, um Verstecke der nordvietnamesischen Armee aufzudecken, andererseits Getreide zerstört werden, welches Armeeangehörige ernähren könnte. Agent Orange hatte aber eine aggressive Wirkung auf die Betroffenen und die Umwelt vor Ort, die bis heute zu spüren ist. Dass bis heute Gebiete mit der Verseuchung zu kämpfen haben, liegt nicht an den Pflanzenschutzmitteln, aus welchem Agent Orange bestand. Im Gegenteil, die Mittel regen das Pflanzenwachstum an und die Halbwertszeit liegt nur bei einigen Tagen oder Wochen. Die wirkliche Gefahr für Mensch und Umwelt ist ein Nebenprodukt, welches bei der Herstellung der Trychlorphenoxyessigsäure (chemische Verbindung) potenziell entsteht. Es wird Tetrachlordibenzodioxin (TCDD) genannt und die Verbindung ist die giftigste aller Dioxine (unerwünschte Nebenprodukte, die hauptsächlich bei Verbrennungsprozessen vorkommen). Bereits kleine Mengen können zu Krebs, Organschäden oder Fehlbildungen bei Kindern führen. Bei den Vietnames:innen gilt die Exposition gegenüber Agent Orange dementsprechend als Ursache für eine ungewöhnlich hohe Zahl von Fehlgeburten, Hautkrankheiten, Krebserkrankungen, Geburtsfehlern und angeborenen Missbildungen, die seit den 1970er Jahren auftreten.

Die Vietnamese Association of Victims of Agent Orange geht davon aus, dass es mehr als drei Millionen Opfer durch Agent Orange gibt, sowie hunderttausende Vietnames:innen und amerikanische Armeeangehörige an den Spätfolgen des Herbizids leiden. Die USA haben bisher nur kleine Beiträge zur Verbesserung der Situation geleistet; die Unterstützung gilt in erster Linie ihren eigenen Veteran:innen.

Green Cross Switzerland und Agent Orange

Green Cross Switzerland begann 1998 Hilfsprojekte in Vietnam durchzuführen. Das Engagement wurde bereits früh auf unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Green Cross Switzerland baute im Rahmen des SOCMED-Programms ab 2001 ein Informations- und Präventionsprogramm für Betroffene, aber auch für die vietnamesische Öffentlichkeit auf. Zudem begann es das 1997 gegründete Vietcot zu unterstützen. Das Vietcot ist eine Aus- und Weiterbildungsinstitution für Orthopädietechniker:innen und behandelt auch vor Ort Kinder, die Orthesen oder Prothesen benötigen. Die Ausbildungsstätte Vietcot ist heute als Teil des Bildungssystem des Landes offiziell anerkannt. Green Cross unterstützt nach wie vor die Ausbildung von möglichst vielen Orthopädie-Fachkräften mit Stipendien. Ausserdem kooperiert Green Cross Switzerland mit verschiedenen Gesundheitseinrichtungen und Tagesstätten, die Strukturen stärken um den von Agent Orange betroffenen Personen, insbesondere denjenigen aus ärmeren Verhältnissen, mit wenig administrativem Aufwand medizinische, psychologische und soziale Unterstützung zu bieten.

In Kooperation mit Green Cross Switzerland reisen zusätzlich die beiden Ärzte Dr. Daniel Hueskes und Dr. Claude Müller zusammen mit weiteren Expert:innen aus der Schweiz zweimal pro Jahr nach Vietnam und leisten mit ihrer Expertise Hilfe vor Ort (z.B. beim Vietcot).

Weitere Details unserer Arbeit in Vietnam finden Sie hier.

 

Weiterführende Informationen zu Agent Orange finden Sie hier:

Agent Orange (Informationswebsite)

Agent Orange (kompakte Darstellung des Entlaubungmittels)

Das Gift, das bleibt (schlüssiger Artikel mit Hintergrundinformationen)

Gifteinsatz im Vietnamkrieg – Agent Orange und die Folgen bis heute (Podcast)

«Ich wollte unbedingt kämpfen und der Wunsch wurde mir erfüllt» (Podcast)

Literaturhinweise

Frey, Marc: Geschichte des Vietnamkriegs, 2022.

Jaeggi, Peter: Krieg ohne Ende. Spätfolgen des Vietnamkrieges Agent Orange und andere Verbrechen.

Martini, Edwin E.: History, Science and the Politics of Uncertainty, 2012.

Ward, Geoffrey C.; Burns, Ken: The Vietnam War. An Intimate History, 2019.