Vietnam

Umfassende Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben

Nach wie vor sind viele Menschen in Vietnam von den Spätfolgen des amerikanischen Gifteinsatzes im Vietnam-Krieg zwischen in den 60er- und frühen 70er-Jahren betroffen. Auch ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende stellt das sogenannte Entlaubungsmittel «Agent Orange» aufgrund des toxischen Dioxins immer noch eine Bedrohung für die Bevölkerung dar. Jedes Jahr werden schätzungsweise 3’500 Kinder mit schweren körperlichen und geistigen Behinderungen geboren, die auf den Einsatz von Agent Orange zurückzuführen sind.

Das SOCMED-Programm von Green Cross Switzerland konzentriert sich in Vietnam auf Orthopädieprojekte, da die Krankenversicherung des Landes die Kosten für orthopädische Hilfsmittel nicht übernimmt. Im Rahmen dieser Hilfsprojekte werden betroffene Kinder und junge Erwachsene medizinisch behandelt (u. a. mit Operationen, Physiotherapie und Rehabilitation). Ausserdem werden sie mit Prothesen oder Orthesen versorgt. Ohne die orthopädischen Behandlungen können manche Betroffene nicht selbstständig laufen, die Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren, weshalb die Versorgung mit Hilfsmitteln essenziell wichtig ist.

Weil die Kinder wachsen, braucht es regelmässige Nachbehandlungen und Anpassungen der Hilfsmittel. Etwa bei Kleinkindern können diese über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren nötig sein, da Orthesen und Prothesen aufgrund des Wachstums regelmässig erneuert werden müssen. Diese langfristige Unterstützung verbessert die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und ermöglicht es ihnen, ein selbstbestimmt(er)es Leben zu führen.

Kooperation mit Gesundheitseinrichtungen & Schweizer Spezialist:innen-Team

Green Cross Switzerland kooperiert für die Umsetzung der Orthopädieprojekte mit verschiedenen Gesundheitseinrichtungen. Zu nennen sind etwa das Ausbildungszentrum für Orthopädietechniker:innen (VIETCOT), das Huong Sen Rehabilitationszentrum für Kinder in Tuyen Quang sowie die Krankenhäuser für Orthopädie und Rehabilitation in Thai Nguyen und Da Nang. Diese Zusammenarbeit stärkt Strukturen , die es ermöglichen, Agent Organe-Betroffene, besonders aus aus ärmeren Verhältnissen, medizinische, psychologische und soziale Unterstützung zu bieten. Der administrative Aufwand wird dabei gering gehalten.

Darüber hinaus unterstützt Green Cross Switzerland das ehrenamtliche Hilfswerk von Dr. Daniel Hueskes und Dr. Claude Müller. Seit 2004 setzen sich Schweizer Orthopädist:innen und Ärzt:innen ehrenamtlich für Betroffene von Agent Orange ein und reisen für gewöhnlich einmal im Jahr für drei Wochen nach Vietnam. Die Schweizer Spezialist:innen arbeiten eng mit dem lokalen Fachpersonal zusammen, bilden sie weiter und tauschen Erfahrungen aus.

Förderung des lokalen Fachpersonals

Ein Grundsatz von Green Cross Switzerland ist die “Hilfe zur Selbsthilfe”. Deshalb unterstützt Green Cross auch die Weiterbildung von medizinischem Fachpersonal wie Orthopädietechniker:innen sowie die Ausbildung von Gesundheitshelfer:innen in entlegenen Ortschaften. Oft fehlt dem medizinischen Personal das Geld für Weiterbildungskurse. Mit der Unterstützung von Green Cross können sie jedoch an verschiedenen Kursen und Weiterbildungen teilnehmen, was die orthopädische Versorgung im Land verbessert und somit Betroffenen von Agent Orange eine qualitativ hochwertigere medizinische Behandlung ermöglicht. Zu den Themenschwerpunkten der Weiterbildungsprogramme gehören etwa die Früherkennung und das Vermeiden von Fehlbildungen.

Da Nang – Unterstützung von zwei Tagesstätten & des Krankenhauses für Orthopädie und Rehabilitation

In Da Nang kooperiert Green Cross Switzerland mit der Da Nang Association for Victims of Agent Orange (DAVA) und unterstützt entsprechend zwei Tagesstätten, die auf Spenden angewiesen sind. Dort erhalten von Agent Orange betroffene Kinder und Jugendliche Betreuung, Pflege, medizinische Untersuchungen, warme Mahlzeiten sowie einen angepassten Schulunterricht. Durch sportliche und spielerische Aktivitäten wird den Kindern zudem geholfen, das Selbstbewusstsein zu stärken und psychischen Stress abzubauen. In beiden Tagesstätten können insgesamt etwa 120 Kinder betreut werden.

Ausserdem unterstützt Green Cross Switzerland das in Da Nang ansässige Krankenhaus für Orthopädie und Rehabilitation im Bereich der Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln und der Physiotherapie für Kinder mit Behinderungen.

Thai Nguyen – Krankenhaus für Orthopädie und Rehabilitation

Das Krankenhaus für Orthopädie und Rehabilitation in Thai Nguyen wird ebenfalls von Green Cross Switzerland unterstützt. Neben einer Abteilung für Operationskorrekturen bei Deformitäten verfügt es über eine Abteilung für Rehabilitation, Bewegungs- und Sprachtherapie sowie eine Werkstatt zur Herstellung von orthopädischen Hilfsmitteln. Die Unterstützung durch Green Cross kommt insbesondere der orthopädischen Behandlung von Kindern aus ärmeren Familien zugute Zusätzlich können dadurch die Kosten für Rehabilitationen oder spezifische Medikamente gedeckt werden.

Tuyen Quang – Huong-Sen-Krankenhaus für Rehabilitation

In Tuyen Quang unterstützt Green Cross Switzerland neben dem Verband für Menschen mit Behinderungen und Waisen auch das örtliche Huong-Sen-Krankenhaus für Rehabilitation. In Huong-Sen-Krankenhaus werden viele Fälle von Zerebralparese,* geistigen Behinderungen, Sprachproblemen und Autismus bei Kindern behandelt. Das Krankenhaus setzt bei der Behandlung von Klumpfüssen die sanfte, aber sehr effektive Ponsenti-Methode ein. Diese wurde im Rahmen eines ehrenamtlichen Arbeitsbesuchs von Dr. Claude Müller aus Basel eingeführt.

Darüber hinaus engagiert sich das Krankenhaus für die Einführung und Stärkung der Gemeinde-basierten Rehabilitation (Commune Based Rehabilitation, CBR). Im Rahmen dieses Programms werden Weiterbildungen für öffentliche Angestellte im Gesundheitsbereich durchgeführt. Ausserdem werden die Bewohner:innen der lokalen Bevölkerung zu Gesundheitshelfer:innen ausgebildet. Auf diese Weise können Familien, die weit von der Hauptstrasse entfernt leben und ansonsten kaum Zugang zu medizinischen Untersuchungen hätten, erreicht werden.

* Erkrankungen, die mit Bewegungsstörungen und Muskelsteife einhergehen

Ausbau der psychologischen & sozialen Unterstützung

Aktuell bauen wir auch die soziale und psychologische Unterstützung aus. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf barrierefreiem Wohnen – wir passen Wohnräume an die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen an. Gleichzeitig setzen wir auf Peer-Betreuung: Betroffene, die den schweren Weg zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gemeistert haben, werden zu Berater:innen. Sie unterstützen andere Betroffene, indem sie bei Herausforderungen wie der Jobsuche helfen. Auch psychologische Unterstützung spielt eine zentrale Rolle. Viele Betroffene leiden unter Stress, Angststörungen oder Depressionen. Frühzeitige Erkennung und gezielte Hilfe sind hier entscheidend. Deshalb schulen wir lokale Gesundheitshelfer:innen, damit sie die Leidtragenden mit Bewältigungstechniken unterstützen und in schwierigen Fällen an Fachkräfte verweisen können.