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20.03.2025

Seit 22 Jahren für Betroffene von “Agent Orange” im Einsatz

Das Team von GCCH traf sich mit Dr. Daniel Hueskes und seinem Sohn Benjamin Hueskes. Dabei gaben die beiden Orthopädisten Einblicke in ihre ehrenamtliche Arbeit: die Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln und operativen Behandlungen für Kinder und junge Erwachsene mit Behinderungen.  

Als Daniel Hueskes im Jahr 2003 vor seiner ersten Reise nach Vietnam stand, fragte er seinen Sohn: «Benjamin, was meinst du? Soll ich das machen?».  Er antwortete ihm: «Ja, dann musst du halt dafür deine Ferien aufgeben». Und so begann vor 22 Jahren die Zusammenarbeit mit Green Cross Switzerland.

Dabei wurde grosser Wert daraufgelegt, dass die Orthopädie-Projekte nachhaltig wirken. Aufgrund der Erfahrung eines anderen Projekts, bei welchem 30 Kinder mit Orthesen versorgt wurden und bei der Nachkontrolle dann enttäuscht festgestellt werden musste, dass keiner der Stützgeräte mehr an den Beinen der Kinder gewesen war, sagte sich Daniel Hueskes im Jahr 2003:

«Nein, dieses Mal nicht! Ich möchte die ansässigen Orthopädisten oder Orthopädie-Ärzte miteinbeziehen und dass die Versorgung mit Materialen gemacht werden, die in Vietnam zu finden sind. Es ist wenig zielführend, hochtechnisches Material anzuwenden, sondern es muss die Hilfe zur Selbsthilfe gefördert werden».

Bei Kindern ist es wichtig, dass die Orthesen und Prothesen nach einem Jahr aufgrund des schnellen Wachstums erneuert werden können. «Wenn die Person, die die Prothese gemacht hat, schon vor Ort ist, dann kann sie dementsprechend die Prothese vervollständigen und einen neuen Gips machen», sagt Daniel Hueskes.

Benjamin Hueskes fügt hinzu: «Das ist natürlich der Sinn vom Ganzen: die Leute in Vietnam so zu schulen, dass sie die Versorgungen selbst machen können, auch wenn wir nicht dort sind. Das ist auch schon vorher gemacht worden. Wir geben einfach Unterstützung oder führen Schulungen durch. Wir nehmen auch keine Sachen aus der Schweiz mit. Es funktioniert nicht so, dass sie uns damit beauftragen, Gipse zu erstellen, und wir sie dorthin bringen. Nein, wir machen es vor Ort zusammen. Wir unterstützen und beraten sie, aber grundsätzlich können sie es selbst machen».

Grösstenteils werden die notwendigen Orthesen und Prothesen in Vietnam produziert. Das ist auch wichtig, weil verschiedene Faktoren, wie beispielsweise Luftfeuchtigkeit, beachtet werden müssen. In Ausnahmefällen nehmen die Orthopädisten aus Basel etwas mit nach Vietnam. Momentan sind sie eine Versorgung für eine junge Frau am vorbereiten. Sie hat kein Schienbein und verkürzte Knochen. Ohne Prothese läuft sie auf dem Knochengelenk. Während der Coronazeit erhielt sie darum Prothesen, die aber mit 3,5 kg sehr schwer sind. Sie hat zum ersten Mal einen Job gekriegt und freut sich, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Bei der Arbeit muss sie aber immer die schweren Prothesen tragen. In diesem Fall werden zwei Prothesenfüsse-Passteile aus der Schweiz mitgenommen. Sie sind mindestens anderthalb Kilo leichter, was der jungen Frau ihr Leben um einiges erleichtern wird.

«Ich wollte wissen, ob er leben will»

In ihrer ehrenamtlichen Arbeit haben Daniel und Benjamin Hueskes viele Menschen mit schweren Schicksalen kennengelernt. Wir haben gefragt, ob es unter den Menschen, die sie bisher in Vietnam getroffen haben, eine Geschichte gibt, die ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist. “Ja”, antwortete Dr. Hueskes mit Ergriffenheit.

Was ist “Agent Orange”?

“Agent Orange” ist ein chemisches Entlaubungsmittel, das mit dem hochgiftigen Dioxin TCDD verunreinigt ist. Die Bezeichnung “Agent Orange” kommt von den orangefarbenen Streifen, mit denen die Fässer gekennzeichnet waren. Insgesamt 45’677’837 Liter versprühte die amerikanische Luftwaffe zwischen 1962 und 1971, um den Dschungel zu entlauben und sich somit einen strategischen Vorteil im Vietnamkrieg zu verschaffen. Das toxische TCDD verbleibt sehr lange in der Umwelt und ist heutzutage noch in den Böden, Gewässern und somit im Nahrungskreislauf zu finden. Der Giftstoff verursacht vererbbare Genmutationen, Fehlbildungen und schwere Krankheiten.  

Dr. Daniel Hueskes

Bereits in den 60er Jahren hatte Daniel Hueskes in der Zeit der Contergan-bedingten Fehlbildungen wegweisende orthopädische Hilfsmittel für Kinder mit verstümmelten oder fehlenden Gliedmassen entwickelt und gebaut.

Die Einnahme des Schlaf- und Beruhigungsmittels Contergan führte zu einer Häufung von schweren Fehlbildungen und dem Fehlen von Gliedmassen und Organen bei Neugeborenen.

27.02.2025

Solarenergie-Kits für die Ukraine

Solarenergie-Kits für die Ukraine

Für Green Cross Switzerland (GCCH) ist es zentral, dass der Einsatz für Menschen und der Einsatz für die Umwelt Hand in Hand gehen. Indem wir die Energieversorgung auf nachhaltige Weise verbessern, helfen wir Menschen in Not, leisten aber gleichzeitig auch einen Beitrag für den Umwelt- bzw. Klimaschutz und die Förderung neuer Technologien. In Vietnam unterstützen wir etwa rein spendenfinanzierte Tagesstätten für Menschen mit Behinderung. Die Installation von Solaranlagen reduziert die Stromkosten deutlich und die eingesparten Mittel werden gezielt in Pflege und Betreuung investiert.

Stark beeinträchtigte Stromversorgung in der Ukraine

Der Krieg in der Ukraine hat die Stromversorgung vielerorts stark gefährdet. Die Beschädigung der kritischen Infrastruktur hat häufige Stromausfälle zur Folge. Dies bringt nicht nur Privathaushalte, sondern auch Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser oder Schutzbunker in eine schwierige und teilweise verzweifelte Lage. Hier setzen wir mit der Lieferung von Solarenergie-Kits an, da sie eine unabhängige Stromversorgung ermöglichen. GCCH hat bereits 22 Solarkits geliefert, um die Bevölkerung in Tschernihiw, Cherson und Charkiw zu unterstützen und Erkenntnisse für eine gross angelegte Lieferung weiterer Kits zu gewinnen.

Sorgfältige Tests für nachhaltige Lösungen

Ein wichtiger Schritt war das gründliche Testen der für das Projekt vorgesehenen kostengünstigen Solarkits. Dabei erhielt GCCH Unterstützung durch EKZ (Elektrizitätswerke des Kantons Zürich), die ihre Fachkenntnisse einbrachte. Sie überprüfte die Funktionalität unter realistischen Bedingungen. Dabei wurden wichtige Aspekte wie der Bau eines zuverlässigen Windschutzes und die Auswahl der notwendigen Komponenten für den Aufbau in der Ukraine beleuchtet. Zudem simulierte EKZ verschiedene Nutzungsszenarien wie das Aufladen von Mobiltelefonen, das Kochen von Wasser oder den Betrieb eines Kühlschranks. Gründlich getestet wurde schliesslich auch die Kapazität des Batteriespeichers. Zusätzlich zu den Tests kümmerte sich EKZ um ein gut verständliches Installations- und Bedienungshandbuch, das den Anwenderinnen und Anwendern helfen wird, die Solarkits korrekt und ohne grosse Schwierigkeiten zu installieren.

Ausblick: Schnelle Ausweitung bei Erfolg

Sofern die Pilotphase erfolgreich verläuft, wird GCCH die rasche Lieferung grosser Mengen von Solarkits in die Ukraine in die Wege leiten. Dafür werden Partnerschaften mit weiteren Sponsoren angestrebt, damit noch mehr unter Strommangel leidenden Menschen und Institutionen geholfen werden kann. Die Auswahl der Solarpanels, Solarkits und Komponenten wird sich insbesondere am Bestimmungsort (z.B. grössere Institutionen) orientieren. Ziel ist es, den dringend benötigten Strom verlässlich bereitzustellen und zugleich nachhaltige Technologien zu fördern. Jedoch ist diese Lösung nicht allein auf die Sonne angewiesen, weil die Speicher der Solarkits auch mit Netzstrom aufgeladen werden können.

24.01.2025

Tierheim-Projekt in Tschernihiw

Tierheim-Projekt in Tschernihiw

Unter dem Ukrainekrieg leiden nicht nur Dutzende von Millionen Menschen. Sondern auch zahllose Tiere. Viele Tierheime befanden sich schon vor dem russischen Angriff in einer prekären Lage. Der Krieg hat ihre Situation zusätzlich verschärft: die Zahl verlassener, streunender und verwahrloster Tiere ist stark gestiegen. Grausame Handlungen gegen Tiere nehmen zu und es fehlt an Tierheimen. Zum Stiftungszweck von Green Cross Switzerland (GCCH) gehört es, dazu beizutragen, dass wir unsere Verantwortung für die Umwelt wahrnehmen können. Auch Tiere sind Teil der Umwelt und wir Menschen sind dazu angehalten, ihrem Leiden und Sterben nicht tatenlos zuzusehen, sondern uns gemeinsam für sie zu engagieren.

Deswegen unterstützt GCCH schon seit Kriegsbeginn bestehende Tierheime in der Ukraine mit Futter, Medikamenten und weiteren Gütern des täglichen Gebrauchs. Nun gehen wir einen Schritt weiter und bereiten den Bau eines neuen Heims in Sosnyzja, Tschernihiw, vor. Die Entscheidung, dort einen Zufluchtsort für notleidende Tiere zu schaffen, beruht darauf, dass die Region unter einem akuten Mangel an Tierheimen leidet und auch kein geeignetes Gebäude zur Verfügung steht, das als Tierheim genutzt werden könnte. Ausserdem bildet diese relativ arme, stark vom Krieg – und nach wie vor auch von der Tschernobyl-Katastrophe – betroffene Region schon seit Langem einen Schwerpunkt der Arbeit von GCCH.

Zum Ende des vergangenen Jahres haben die lokalen Abgeordneten nun die Zuweisung eines Grundstücks für das Tierheim beschlossen. Sofern das Planungs- und Genehmigungsverfahren für das Gebäude reibungslos verläuft, kann im Frühjahr mit dem Bau begonnen werden. Dafür sind umweltfreundliche Materialien vorgesehen, auch eine Solaranlage ist geplant. Die Gemeinde unterstützt GCCH im administrativen Bereich und verlangt nur eine reduzierte Miete für das Grundstück – aufgrund der prekären finanziellen Situation ist leider keine kostenfreie Bereitstellung möglich.

Das Heim wird so geplant, dass es im Ganzen mindestens 80 Tiere aufnehmen kann, vorwiegend Hunde und Katzen. Etwa 300-400 Tiere sollen jährlich medizinisch versorgt werden. Ausserdem wird angestrebt, dass jährlich rund 200 Tiere im Heim an ein neues Zuhause vermittelt werden können.

Das Tierheim soll zudem als Teil des psychologischen Unterstützungsprogramms von GCCH kriegsbetroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene direkt unterstützen, aber auch einen Bildungsauftrag erfüllen. So sollen Hunderte von Kindern und Familien pro Jahr am Bildungsprogramm des Heims teilnehmen. Die Teilnehmenden werden von lokalen Schulen, Gemeinschaftszentren und Waisenhäusern ausgewählt, wobei Kinder mit besonderen Bedürfnissen oder in besonders schwierigen Umständen bevorzugt werden. Ziel des Bildungsprogramms wird sein, Empathie, den verantwortungsvollen Umgang mit Haustieren und das Verständnis für das Tierwohl zu fördern.

Schliesslich soll jährlich auch rund 100-150 Personen durch tiergestützte Therapien geholfen werden. Bei diesen Personen wird es sich um Menschen handeln, die von den Schrecken des Krieges traumatisiert und die durch Institutionen wie Krankenhäuser, psychiatrische Kliniken oder Veteranenorganisationen an uns vermittelt werden.

Das Projekt ist auf 24 Monate ausgelegt. Im zweiten Jahr wird eine Evaluation stattfinden und entschieden, wie es danach weitergeht. Im Einklang mit dem Stiftungs-Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe zielt GCCH darauf ab, dass das Tierheim eines Tages auch ohne die Unterstützung von GCCH weitergeführt werden kann. Die Bevölkerung und die lokalen Behörden werden so stark wie möglich einbezogen.

28.11.2024

Verstärkung der psychologischen & sozialen Hilfe

Verstärkung der psychologischen & sozialen Hilfe

Dank Ihrer wertvollen Unterstützung, liebe Spenderinnen und Spender, kann sich Green Cross Switzerland seit einem Vierteljahrhundert für die Betroffenen der Chemiewaffe Agent Orange in Vietnam einsetzen. Diese Menschen benötigen eine auf Dauer angelegte und spezialisierte medizinische Versorgung. Deshalb setzen wir auf die Stärkung lokaler Strukturen: die Weiterbildung von medizinischen Fachkräften, die Ausstattung von Orthopädiewerkstätten oder die Unterstützung von Pflege-Tagesstätten haben vielerorts dauerhafte Verbesserungen bewirkt.

Neben der medizinischen Hilfe bauen wir auch die soziale und psychologische Unterstützung aus, um der Ausgrenzung der Betroffenen – teils sogar durch ihre Familien – entgegenzuwirken. Ein zentrales Element des Programms ist die Peer-Betreuung: Menschen mit Behinderungen (Persons with disabilities, PWDs), die sich erfolgreich ins gesellschaftliche Leben integriert haben, unterstützen andere Betroffene mit ihrer Erfahrung.

PWDs werden individuell betreut mit dem Ziel, ihre Fähigkeiten im Alltag und ihre soziale Integration zu fördern. Dabei kommen standardisierte Bewertungsinstrumente zum Einsatz, um Fortschritte zu messen und individuelle Pläne zu entwickeln. PWDs werden dabei zu Peer-Berater:innen ausgebildet (Train-the-Trainer, TOT). Diese führen dann Hausbesuche durch und beraten andere PWDs sowie deren Familien regelmässig.

Ein Schwerpunkt liegt auch auf barrierefreiem Wohnen, wobei Wohnräume an die Bedürfnisse von PWDs angepasst werden, z. B. durch breite Türen, Handläufe und barrierefreie Übergänge.

Zusätzlich werden PWDs und ihre Familien auch psychologisch unterstützt. Es werden psychische Gesundheitsprobleme wie Stress, Angststörungen oder Depressionen behandelt. Hier kommt das WHO-Modell für gemeindebasierte psychologische Betreuung zum Einsatz. Lokale Gesundheitshelfer:innen nehmen an Schulungen teil, damit sie psychische Störungen erkennen, Stress- und Angstbewältigungstechniken vermitteln und Betroffene bei Bedarf an Spezialist:innen verweisen können.

Peer-Support-Gruppen treffen sich zudem quartalsweise, um Erfahrungen auszutauschen, bspw. über die erlernten Stressbewältigungstechniken.

Nur Ihre regelmässigen Spenden ermöglichen uns, Agent Orange-Betroffene nun auch in diesen, ebenso wichtigen Bereichen zu unterstützen. Dies erfüllt uns – und besonders die Menschen, denen so konkret geholfen wird – mit grosser Freude und Dankbarkeit!

 

 

31.10.2024

Kooperation mit Verein Ukraine Hilfe

Kooperation mit Verein Ukraine Hilfe

Diesen Herbst hat Green Cross Switzerland (GCCH) eine Kooperation mit dem schweizerischen Verein Ukraine Hilfe lanciert. Schon kurz nach Kriegsbeginn wurde der Verein in der Ukraine aktiv und hat bisher rund 120 Wohnmodule als Notunterkünfte für Personen errichtet, welche durch den Krieg ihr Heim verloren haben. So leistet der Verein einen wichtigen Beitrag dafür, dass Ukrainerinnen und Ukrainer im Land bzw. sogar an ihrem Wohnort bleiben können und neue Hoffnung schöpfen. Die Wohnmodule werden nämlich, soweit möglich, auf dem Grundstück des zerstörten bzw. unbewohnbar gewordenen Hauses errichtet. Das ist für die Bewohnerinnen und Bewohner ein wichtiger psychologischer Faktor. Sofern es die Kriegssituation zulässt, müssen sie ihre gewohnte Umgebung nicht verlassen.

Die Bewohnerinnen und Bewohner werden jeweils von der Gemeinde ausgewählt, wobei die Wohnmodule im Besitz der Gemeinde bleiben. So wird sichergestellt, dass die Wohnmodule nicht zweckentfremdet und nur von Personen bewohnt werden, die die Unterkunft wirklich brauchen. Auch haben die Wohnmodule den Vorteil, dass sie nicht als normale Häuser gelten: es braucht keine Baubewilligung und die Wohnmodule können falls nötig an einen anderen Standort verlegt werden – im Krieg ein wichtiger Faktor. Dank guter Isolation bleiben die Module im oftmals sehr kalten ukrainischen Winter auch im Falle eines Stromausfalls bewohnbar. Schliesslich ist die Herstellung der Wohnmodule in Winnyzja kostengünstig und fördert die Wirtschaft des kriegsgebeutelten Landes.

GCCH steigt nun diesen Herbst mit dem Sponsoring von zwei grösseren, komplett eingerichteten Wohnmodulen in das Projekt ein. Über unsere ukrainische Partnerorganisation werden wir die darin lebenden Familien eng begleiten. Der voraussichtliche Standort wird in Tschernihiw sein. Die Region liegt in dem von der Tschernobyl-Katastrophe betroffenen Gebiet, welches seit der Gründung einen Schwerpunkt der Arbeit von GCCH darstellt.

Die Kooperation mit dem Verein Ukraine Hilfe umfasst zudem das Anpflanzen von vielen tausenden von Bäumen – GCCH hofft, dieses Engagement auch in den kommenden Jahren fortführen zu können. Da ein grosser Teil der Wohnmodule aus Holz besteht und Nachhaltigkeit Teil der DNA unserer Stiftung ist, ist es uns ein Herzensanliegen, auch die Aufforstung zu fördern. Das Anpflanzen von Bäumen, aus denen mit der Zeit Wälder entstehen, hat vielfältige Vorteile. Wald hat eine wichtige Funktion für das lokale Ökosystem – und in der Ukraine ist ein im internationalen Vergleich (zu) kleiner Teil der Landesfläche bewaldet. Zudem ist jeder gepflanzte Baum ein Beitrag für den Schutz des Weltklimas und somit für die Zukunft der Menschheit.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Engagement des Vereins Ukraine Hilfe.

20.09.2024

Vietnam: Bildung als Schlüssel

Vietnam: Bildung als Schlüssel

Seit der Gründung steht die Hilfe zur Selbsthilfe im Zentrum des Stiftungszwecks von Green Cross Switzerland. Dabei kommt der Bildung eine Schlüsselrolle zu, denn Bildung vermag Menschen die Mittel in die Hand zu geben, welche sie für eine selbstständige Verbesserung ihres eigenen Lebens und des Lebens von Menschen in ihrem Umfeld brauchen. Im Vergleich zu anderen Formen der humanitären oder Entwicklungshilfe ist Bildung langfristig wirksam und erfüllt das für Green Cross ebenso zentrale Kriterium der Nachhaltigkeit.

Gerade innerhalb unseres SOCMED-Programms in Vietnam (Social and Medical Care and Education) kommt der Aus- und Weiterbildung eine enorm wichtige Rolle zu. In abgelegenen ländlichen Regionen mangelt es nämlich oft stark an medizinischer Infrastruktur. Deshalb bleiben Behinderungen bei Kindern häufig zu lange unerkannt, mit gravierenden und sehr traurigen Konsequenzen für ihr ganzes Leben. Positiv betrachtet kann durch eine frühzeitige Intervention eine enorme Verbesserung der Lebensumstände und der Lebensqualität erreicht werden, auch für die Angehörigen der Kinder und letztlich für die ganze Gesellschaft. Hier setzen wir mit der Community Based Rehabilitation (CBR) an, also der Ausbildung von lokalen Gesundheitshelfer:innen.

Diesen Sommer fanden diverse Ausbildungskurse im Distrikt Yen Son, Tuyen Quang, statt. Schulungen für Gemeinde- und Bezirksgesundheitspersonal wurden in zwei Klassen mit 58 Teilnehmenden durchgeführt und von drei auf Rehabilitation spezialisierten Ärzten des Huong-Sen-Krankenhauses geleitet. Zudem fanden Kurse für Gemeindeangestellte in zehn Klassen mit insgesamt 335 Teilnehmenden statt. Diese Schulungen setzen sich zum Ziel, grundlegendes Wissen zur Früherkennung und Frühintervention bei Kindern mit geistigen und körperlichen Behinderungen in der Gesellschaft zu vermitteln und zu stärken. Weiter geht es darum, die nötigen administrativen bzw. organisatorischen Prozesse zu beherrschen.

Es wird ein breites Spektrum an Themen im Bereich der kindlichen Entwicklung (von der Geburt bis zum Alter von 16 Jahren) sowie der Früherkennung und frühzeitigen Intervention behandelt. Es reicht von Zerebralparese (u.a. Muskelsteife, Bewegungsstörungen), über Skoliose (Fehlbildungen), geistige Behinderungen, Sprachstörungen, Autismus oder Klumpfüsse bis hin zu typischen Sekundärverletzungen (Druckgeschwüre, Gelenksteife, Muskelkontrakturen, Fehlstellungen etc.).

Allgemein geht es bei den Schulungen auch darum, die breitere Gesellschaft auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren, weil die Früherkennung so wichtig ist, um effektiv helfen zu können. In diesem Zusammenhang wird das Ziel verfolgt, dass Menschen mit Behinderungen sich gleichberechtigt an sozialen Aktivitäten beteiligen können, denn sie werden schmerzlicherweise immer noch vom gesellschaftlichen Leben und teilweise sogar vom Familienleben ausgeschlossen.

01.08.2024

Die unsichtbaren Narben des Krieges

Die unsichtbaren Narben des Krieges

Schmerzlicherweise zeichnet sich nach fast zweieinhalb Jahren immer noch kein Ende des Ukrainekriegs ab. Die unschuldigen Leidtragenden der Kriegsgräuel sind nach wie vor auf unsere Solidarität und Unterstützung angewiesen. Der Terror scheint vor nichts Halt zu machen. So wurde diesen Sommer Kiews grösstes Kinderkrankenhaus schwer durch eine Rakete beschädigt.

Auch in den letzten Monaten haben wir einen Beitrag zur Linderung der Kriegsnot in Form von materieller Unterstützung geleistet. Diese beinhaltet etwa Lebensmittel, Medikamente, Hygieneartikel oder die Ausstattung von Schutzbunkern, um nur einige Beispiele zu nennen. Ein grosses Projekt war letztes und vorletztes Jahr die Bereitstellung von Systemen zur Reinigung von kontaminiertem Trinkwasser.

Daneben braucht es dringender denn je eine Verstärkung der psychologischen Hilfe, da das bestehende Angebot bei Weitem nicht ausreicht. In der Schweiz sind uns die seelischen Verletzungen, die der Krieg den Menschen zufügt, oft zu wenig bewusst. Dies gilt in besonderem Ausmass für Kinder und Jugendliche. Deshalb bauen wir aktuell – nach erfolgreichen Pilotversuchen Anfang Jahr – ein auf Dauer angelegtes Angebot für psychologische Hilfe auf.

Seit einigen Monaten finden nun wöchentlich mehrere Therapiesitzungen mit Kindern und Jugendlichen in Kherson und Tschernihiw statt. Ein zentrales Element bildet dabei die Kunsttherapie. In der Regel finden die Sitzungen in Gruppen statt, aber auch Einzelsitzungen – beispielsweise für Kinder, die einen Elternteil verloren haben – sind Teil des Angebots. Im Fokus steht das Ziel, die Kinder und Jugendlichen dabei zu unterstützen, ihre Traumata zu verarbeiten und positive Bewältigungsmechanismen zu entwickeln. Es geht aber auch darum, das Umfeld für die Bedürfnisse traumatisierter Kinder und Jugendlicher zu sensibilisieren und der Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen in der ukrainischen Gesellschaft entgegenzuwirken.

Nur dank Ihrer wertvollen Unterstützung, liebe Spenderinnen und Spender, konnten diese Kinder und Jugendlichen dringend benötigte psychologische Unterstützung erhalten. Wir hoffen, auch in Zukunft auf Ihre treue Hilfe zählen zu dürfen, um das psychologische Unterstützungsprogramm noch stärker ausbauen und langfristig anbieten zu können. Sie zaubern damit ein Lächeln auf ein Gesicht, das von den Schrecken des Krieges gezeichnet ist.

17.05.2024

Langjährige & erfolgreiche Zusammenarbeit

Langjährige & erfolgreiche Zusammenarbeit

Seit 20 Jahren arbeiten Green Cross Switzerland und das Krankenhaus für Orthopädie und Rehabilitation in Da Nang im Rahmen des Socmed-Programms zusammen. Diese Kooperation führte dazu, dass Tausende von Agent-Orange-Betroffenen, grösstenteils Kinder, dringend benötigte medizinische Unterstützung in Form von operativen Behandlungen, Prothesen und Orthesen sowie Rehabilitation erhielten.

Im Rahmen eines Arbeitsbesuches des Basler Orthopädie-Spezialisten Dr. Daniel Hueskes fand jüngst eine Ehrung für dieses humanitäre Engagement statt. Dr. Thanh, Direktor des Krankenhauses, überreichte Herrn Dr. Hueskes sowie Frau Pham Thuy, der Projektkoordinatorin des Socmed-Programms von Green Cross in Vietnam, eine Urkunde als Dank für die langjährige Kooperation.   

Während des Besuches von Dr. Hueskes wurden in Zusammenarbeit mit den lokalen Orthopädietechniker:innen acht Patient:innen untersucht. Zusätzlich führten Dr. Hueskes und lokalen Fachkräfte Untersuchungen im Vietcot, der Ausbildungsstätte für Orthopädietechniker:innen in Hanoi, durch. Dabei wurden zwölf Patient:innen untersucht und weitere Behandlungen definiert.

Diese wertvolle Arbeit unterstreicht die Bedeutung der internationalen Kooperation, um das Leben und die Lebensqualität von Opfern von hochgefährlichen Herbiziden wie Agent Orange dauerhaft und positiv zu verändern.

22.03.2024

“Krieg ohne Ende” – Interview mit Peter Jaeggi

“Krieg ohne Ende” – Interview mit Peter Jaeggi

Der freischaffende Journalist, Fotograf und Filmemacher Peter Jaeggi widmet sich seit langem der Erforschung der Auswirkungen von Katastrophen. In seinem neuesten Buch mit dem Namen ‘Krieg ohne Ende’ befasst er sich mit den Spätfolgen des Einsatzes des hochgiftigen Herbizids ‘Agent Orange’ während des Vietnamkrieges. Peter Jaeggis Arbeit trägt dazu bei, das Bewusstsein für die langfristigen Folgen zu schärfen. Ein Beitrag, dass die betroffenen Menschen nicht vergessen werden.

Im Interview mit Green Cross Switzerland gibt Peter Jaeggi Einblicke in sein neuestes Buch, das sich durch eine intensive Vor-Ort-Recherche auszeichnet.

Wie sind Sie zum Thema dieses Buch gekommen und weshalb war es für Sie persönlich ein Anliegen?
Alles begann mit Roland Wiederkehr. Ich kannte den damaligen Nationalrat und Gründer des Green Cross bereits vor dessen Anfangszeiten, als er der erste Geschäftsführer des WWF Schweiz war. Ende der Neunzigerjahre lud mich Roland Wiederkehr im Namen des Grünen Kreuzes nach Belarus ein, um die Spätfolgen der Tschernobyl-Katastrophe zu dokumentieren. Belarus wurde am stärksten vom Super-GAU getroffen. Green Cross führte mich schliesslich auch nach Vietnam, um zu den Spätfolgen des Vietnamkrieges zu recherchieren. Im Jahr 2000 erschien mein erstes Buch dazu, mit dem Titel «Als mein Kind geboren wurde, war ich sehr traurig». Dieses zweite journalistische Langzeitprojekt begleitet mich bis heute. Das neue Buch «Krieg ohne Ende» ist bereits das dritte zum Thema des Chemiewaffeneinsatzes von damals.

Für die Entstehung Ihres Buches haben Sie eine Vor-Ort-Recherche durchgeführt, die zahlreiche Gespräche mit den Betroffenen von Agent Orange beinhaltete. Gibt es eine Begegnung, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Sehr viele. Auf unserer ersten Recherchereise begegneten wir der jungen Mutter Phan Thi Cuc und ihren drei Kindern. Die beiden älteren wurden mit einem Körper geboren, dessen Anblick kaum erträglich war. Ich hatte vorher noch nie derartige Missbildungen bei einem Menschen gesehen. Der Vater kam im Krieg mit dem dioxinhaltigen Agent Orange in Kontakt. Dioxin schädigt das Erbgut. Er ertrug den Anblick seiner behinderten Kinder nicht und nahm sich das Leben – mit einem Pestizid. Die meisten Begegnungen mit Opfern und ihren Familien gehen unter die Haut. Viele Betroffene brauchen eine 24-Stunden-Betreuung. Die Eltern sind meist arm und müssen häufig ohne fremde Hilfe zu Rande kommen. Dies oft während Jahrzehnten, da die Kinder immer älter werden und es an geeigneten Heimen fehlt. 

Sie schreiben: «Ein Lexikon zeigt: Im Vietnamkrieg war die halbe Welt involviert.» Wie müssen wir uns diese Situation vorstellen?
Nur einige Beispiele: Die Schweiz lieferte Zeitzünder sowie Pilatus-Porter-Flugzeuge, mit denen Bomben abgeworfen wurden und die mit Maschinengewehren bestückt werden konnten. Neben Staatsangehörigen aus den USA waren auch Soldatinnen und Soldaten aus Australien, Neuseeland, Kanada und Südkorea an der Front in Vietnam. Die damalige DDR baute ein Luftverteidigungssystem auf, die Bundesrepublik Deutschland entsandte Tausende von Technikern, unter anderem jene, die auf Waffensysteme spezialisiert waren. Die japanische Insel Okinawa war im Vietnamkrieg die wichtigste Luftwaffenbasis der USA. Dort wurden mehr als tausend Atombomben, aber auch Nervengas und Agent Orange gelagert.

Das zentrale und notwendige Hauptthema ihres Buches sind die Opfer von Agent Orange. War es für Sie besonders wichtig, den Opfern eine Stimme zu geben, die ja ansonsten – unabhängig von Konflikten – schnell vergessen werden?
Katastrophen und Kriege hören mit dem Schweigen der Waffen nicht einfach auf. Am wenigsten für die Opfer. Wie das Beispiel Vietnam zeigt, können Kriege Mensch und Natur über Generationen hinweg schädigen. Die vietnamesische Opfervereinigung VAVA spricht heute bereits von der fünften Generation von Kindern, die Agent-Orange-geschädigt geboren werden. Es kann nicht gesagt werden, wie viele weitere Generationen noch betroffen sein werden. Es ist sehr wichtig, dass das Leiden der Opfer nicht vergessen und darüber informiert wird.

Wie schätzen Sie die derzeitige Situation der Betroffenen in Vietnam ein?
Ich habe Kriegsveteraninnen und -veteranen stets gefragt, was sie heute für die USA empfinden. Fast ausnahmslos kam als erste Antwort: «Was geschehen ist, ist geschehen. Man muss verdrängen, um weiterleben zu können, nach vorn schauen.» Doch ist es auch die Stimme des Herzens? In der traditionellen vietnamesischen Kultur trägt man Schmerz und Trauer nicht auf der Zunge. Spricht man länger mit Kriegsopfern, hört man oft die Enttäuschung darüber, dass sich Washington bis heute nie für diesen Krieg entschuldigt hat. Die USA helfen zwar seit Jahren, stark vergiftete Agent-Orange-Hotspots zu sanieren. Man investiert Hunderte von Millionen. Viele Betroffene beklagten sich aber in meinen Interviews darüber, dass dabei die Opfer zu kurz kommen und nicht genügend unterstützt werden.

Was denken Sie, ist heutzutage notwendig, um den Opfern der Katastrophe gerecht zu werden?
Es braucht mehr Geld, um betroffenen Familien ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Zum Beispiel Pflegepersonal, das überforderten Eltern hilft. Da ist zwingend auch mehr Engagement der USA gefragt – aber auch von Vietnam selbst. Es fehlen zudem zuverlässige Opferstatistiken. Diese wären wichtig für die Planung von Hilfestellungen. Wie kann man effizient helfen, wenn man gar nicht weiss, wie viele Opfer es tatsächlich gibt? – Der Chefarzt eines grossen Spitals beklagte sich im Interview über Ausbildungslücken bei Ärztinnen und Ärzten. So sei das Erkennen und rechtzeitige Behandeln von Geburtsfehlern sehr schwierig. Für die spätere Gesundheit betroffener Menschen sei eine professionelle Früherkennung jedoch zentral.

Sie sprechen in Ihrem Buch auch über betroffene Veteran:innen: Wie entwickelte sich die Situation für Militärangehörige (der USA)?
Man vergisst häufig, dass auch Hunderttausende von amerikanischen Vietnamkriegsveteranen und -veteraninnen Agent-Orange-geschädigt sind. In den USA muss ein Veteran keine Beweise erbringen, dass Agent Orange an seinem Leiden schuld ist. Es genügt der Nachweis, dass er oder sie im Vietnamkrieg war, und die medizinische Behandlung wird bezahlt. Von vietnamesischen Agent-Orange-Opfern hingegen fordern die USA einen Beweis – der nach strikten wissenschaftlichen Kriterien nicht zu erbringen ist. So kann zum Beispiel nicht ermittelt werden, welchen Anteil einer Vergiftung durch Agent Orange und wieviel von anderen Quellen verursacht worden ist. Das ist ein Hauptgrund, weshalb Washington und die US-Gerichte bis heute alle Forderungen nach Kompensation abgelehnt haben. Für das offizielle Amerika gibt es also zwei Klassen von Agent-Orange-Opfern: die eigenen, denen teilweise Agent-Orange-Krankheiten zugestanden werden, und die vietnamesischen, die Washington nicht als Giftopfer anerkennt. Der amerikanische Vietnamkriegsveteran Chuck Searcy sieht darin eine «kriminelle Doppelmoral». Searcy gehört zu jenen ehemaligen Soldaten, die in Vietnam geblieben sind und dort grossartige humanitäre Arbeit leisten. Er war u.a. Mitbegründer des «Project Renew», einer NGO, die Blindgänger aufspürt und entsorgt und so schon unzähligen Menschenleben rettete.

Auch gehen Sie auf die notwendige juristische Aufarbeitung ein, die jedoch oft einem Kampf «David gegen Goliath» gleicht. Fast alle Wiedergutmachungsklagen gegen die Herstellerfirmen von Agent Orange werden mit der Begründung abgewiesen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Agent Orange und Missbildungen nicht bewiesen werden kann. Besteht dennoch Hoffnung, die Klagen auch in Zukunft weiterzuführen?
Eine grosse Hoffnung steckt momentan in dem laufenden Gerichtsverfahren, das die Vietnam-Französin Tran To Nga in die Wege geleitet hatte. Die ehemalige «Vietcong» – so nannte man despektierlich Angehörige der südvietnamesischen Befreiungsfront  – verklagte 2014 die grössten Hersteller von Agent Orange auf Schadenersatz. In der ersten Instanz verlor Tran To Nga das Verfahren. Dieses wurde jahrelang mit teilweise abenteuerlichen Forderungen verschleppt. Das erstinstanzliche Gericht in Évry begründete 2021 das Urteil damit, dass Firmen, die im Auftrag des Staates gehandelt hätten, Immunität geniessen würden, sie also nicht angeklagt werden könnten. Die Anwälte der heute 82-jährigen zogen das Urteil weiter. Im kommenden Mai wird nun das höchste französische Berufungsgericht in Paris das wohl endgültige Urteil verkünden. – Warum findet der Prozess in Frankreich statt? Weil die französische Gesetzgebung eine Besonderheit kennt: In Frankreich können nämlich im Gegensatz zu anderen Ländern auch Einzelpersonen einen fremden Staat verklagen, wenn dieser einer Bürgerin, einem Bürger Schaden zufügt.

 Um die Gefahr von Agent-Orange zu mildern, ist eine Dekontamination der Böden bei Dioxin-Hotspots wichtig. Die USA engagiert sich hierbei mit Millionenbeträgen. Allerdings wird die angewandte Methode zur Sanierung von einigen Expert:innen als nicht optimal eingestuft. Können Sie dies näher erläutern?
2018 wurde auf dem ehemaligen US-Luftwaffenstützpunkt und Agent-Orange-Umschlagplatz Da Nang eine rund 110 Millionen teure Sanierung beendet. Laut offiziellen Angaben wurde die dioxinverseuchte Erde auf 360 Grad erhitzt und so das Gift in unschädliche Bestandteile umgebaut. Dabei entwich ein Teil der dioxinhaltigen Abgase in die Luft und vergiftete die Umgebung erneut. Niemand weiss, welche Giftmengen entwichen. – Derzeit läuft etwa 500 Kilometer weiter südlich, in Bien Hoa, die bisher grösste Hotspot-Entgiftungsaktion. Mit dem gleichen Verfahren. Lorenz Adrian vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig, der seit Jahrzehnten an vorderster Front der Dioxinforschung tätig ist, kritisiert das Verfahren scharf, das in Da Nang und jetzt wieder in Bien Hoa angewendet wird. Eine vollständige Vernichtung des Dioxins sei mit dem Hitzeverfahren nämlich gar nicht möglich. Er schlug der vietnamesischen Regierung eine auf den ersten Blick verblüffende und seiner Meinung nach sichere Lösung vor: Mit Hilfe von speziellen Bakterien können selbst hochgefährliche Giftstoffe im Boden biologisch garantiert unschädlich gemacht werden. Diese Methode könne selbst in überbauten Gebieten helfen. Es brauche eigentlich nur eine Bohrung, dann Bakterien rein – und abwarten. Es dauere zwar viele Jahre, bis das Dioxin abgebaut sei, dafür aber sei das Prozedere sicher und um ein Vielfaches billiger als die Hitzemethode.

 Was haben Sie persönlich aus Ihrer langjährigen Auseinandersetzung mit diesem Thema gelernt, vor allem auch im Hinblick auf andere globale Krisenherde?
Ich antworte mit einer Gegenfrage. Angesichts von Kriegskatastrophen wie in Vietnam, nach Kriegen der Neu- und Jetztzeit scheint der Ruf «Nie wieder Krieg!» das Selbstverständlichste, das Logischste und das absolut Zwingendste und Humanste der Welt zu sein. Aber weshalb funktioniert es nicht? Weshalb immer wieder Krieg? Könnte ein Teil der Antwort auch in mangelnder Bildung liegen? Ich komme deshalb darauf, weil kürzlich darüber berichtet wurde, wie einige Schweizer Schüler Hitler als kultigen Star begreifen. Unglaublich!

 

Die Agent-Orange Fotos zu den Arbeiten von Peter Jaeggi realisiert seit 1999 der preisgekrönte Basler Fotograf Roland Schmid https://www.schmidroland.ch/

Sie können das Buch ‘Krieg ohne Ende’ über den folgenden Link bestellen. Mit dem Vermerk ‘Green Cross’ werden bei jedem Kauf eines Exemplars 5 Franken für Hilfsprojekte in Vietnam gespendet.

15.03.2024

“Samen der Hoffnung” für die Ukraine

“Samen der Hoffnung” für die Ukraine

Für die Zivilbevölkerung der Ukraine ist der Krieg weiterhin allgegenwärtig. Ständig werden kritische Infrastruktur oder Privateigentum beschädigt und vernichtet. Der Wiederaufbau benötigt Zeit, ist aber auch bereits im Gange. Etwas (wieder) entstehen bzw. auf nachhaltige Weise wachsen zu lassen, gehört zum Selbstverständnis von Green Cross Switzerland. Deshalb haben wir das Projekt «Samen der Hoffnung» lanciert, um Menschen in Konfliktzonen der Ukraine zu helfen, ihre durch das russische Militär verwüsteten Gärten und Felder wiederherzustellen.

Im Rahmen dieses Projekts stellen wir den Menschen Samen und Werkzeuge zur Verfügung und bieten Schulungen zu landwirtschaftlichen Themen an. Die Schulungen vermitteln, wie man Wasser, Erde und andere Ressourcen effizient nutzt, um Gärten und Felder nachhaltig zu bewirtschaften. Mit dieser Unterstützung können die Menschen wieder eigene Grundnahrungsmittel anbauen und ihre Familien versorgen. Bisher wurden landwirtschaftliche Schulungen in der südukrainischen Stadt Cherson organisiert, welche sich an der Front befindet. In der Region um die nördliche Stadt Tschernihiw konnten in 16 Dörfern Samen verteilt werden.

Im Februar und März 2024 konnten wir 2000 Samensätze mit 22 unterschiedlichen Sorten wie z.B. Gurken, Tomaten, Rucola oder Karotten verteilen. Mit diesen Samen können die kriegsbetroffenen Menschen eigenes Gemüse anbauen und pflegen. Die dadurch ermöglichte Selbstversorgung leistet einen wichtigen Beitrag zur Linderung der Nahrungsmittelknappheit und zur Verbesserung der Lebensqualität. Gleichzeitig sehen wir es auch als Chance, eine nachhaltige Entwicklung der ukrainischen Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.

Die Ukrainer:innen sind Ihnen, liebe Spenderinnen und Spender, für diese Unterstützung sehr verbunden. Auch als Green Cross Switzerland bedanken wir uns herzlich dafür. Aus Ihrem Beitrag erwächst den Menschen in der Ukraine Hoffnung auf eine Zukunft.