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12.06.2025

Ukraine: auf Dauer angelegtes psychologisches Unterstützungsprogramm

Ukraine: auf Dauer angelegtes psychologisches Unterstützungsprogramm

Anfang 2024 hat Green Cross Switzerland ein Pilotprojekt zur psychologischen Unterstützung kriegsbetroffener Menschen in der Ukraine ins Leben gerufen (mehr dazu hier). Der Bedarf war und ist sehr gross. Zwar nahmen zu diesem Zeitpunkt viele Kindergärten ihren Betrieb wieder auf – doch prägten die Auswirkungen des Krieges das Leben der Menschen weiterhin stark. Besonders bei Kindern traten gravierende psychische Belastungen zutage: gesteigerte Ängstlichkeit, heftige Reaktionen auf Luftalarme und deutliche Anzeichen mentaler Überforderung. 

Anfänge in Tschernihiw

Den Auftakt machte unser Pilotprojekt in einem Kindergarten in Tschernihiw, der von rund 250 Kindern besucht wird. Schon dort zeigte sich sehr deutlich, wie gross der Bedarf an psychologischer Unterstützung ist. Die positiven Rückmeldungen der Eltern sowie das Ausmass und die Dringlichkeit der Herausforderungen bestätigten uns in der Entscheidung, unsere Hilfe weiter auszubauen.

Ausweitung auf Schulen, Jugendliche und Erwachsene

In einem nächsten Schritt begannen wir mit unserer Arbeit an Schulen in Nowhorod-Siwerskyj –  vor allem mit Jugendlichen, die in besonderem Masse unter den psychischen Belastungen des Krieges leiden. Bald erreichten uns auch Anfragen von Erwachsenen. Viele von ihnen zeigten Symptome einer posttraumatischem Belastungsstörung oder litten unter schweren Angstzuständen.

Als Reaktion darauf richteten wir in Nowhorod-Siwerskyj einen Raum für psychologische Beratung ein. Dort finden sowohl Einzelgespräche, insbesondere für Erwachsene, als auch regelmässige Gruppensitzungen für Jugendliche und junge Erwachsene statt. Auch krebskranke Patientinnen und Patienten werden hier psychologisch begeleitet.

Im Mai 2025 eröffneten wir einen weiteren Standort im Bildungs- und Rehabilitationszentrum in Sosnyzja. Hier werden Kinder mit Behinderungen, Autismus oder anderen besonderen Bedürfnissen betreut – in einem geschützten Rahmen, der auf ihre individuellen Bedürfnisse eingeht.

Auf Dauer angelegtes Programm

Was als Pilotprojekt begann, hat sich zu einem langfristig angelegten Unterstützungsprogramm entwickelt. Im Zentrum stehen Menschen, die direkt von den Folgen des Krieges betroffen sind – insbesondere Kinder, Jugendliche und Binnenvertriebene. Unser Ziel ist es, die psychische Belastung zu verringern, das emotionale Wohlbefinden zu stärken und soziale Teilhabe zu ermöglichen.

Angesichts des anhaltenden Bedarfs wird das Programm kontinuierlich erweitert – der nächste Schritt ist der Aufbau eines psychologischen Beratungsangebots in der Hafenstadt Odessa.

Kunsttherapie als zentrales Element

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf kunsttherapeutischen Ansätzen. In einem geschützten Rahmen erhalten Kinder die Möglichkeit, ihren Gefühlen durch kreative Ausdrucksformen Raum zu geben, sie zu verarbeiten und dabei innere Stärke sowie psychische Stabilität zu entwickeln. Sämtliche Angebote werden von einem interdisziplinären Team aus Psycholog:innen und Kunsttherapeut:innen fachkundig geleitet und sind auf die individuellen sowie altersspezifischen Bedürfnisse der Teilnehmenden abgestimmt.

Aktuelle Zahlen (Stand: Ende Mai 2025)

  • Standort Tschernihiw: Psychologische Betreuung von 438 Kindern
  • Standort Cherson: Psychologische Betreuung von 16 Kindern
  • Standort Sosnyzja: Psychologische Betreuung von 99 Kindern
  • Standort Nowhorod-Siwerskyi: Gruppentherapie mit 63 Jugendlichen und 107 Erwachsenen sowie Einzeltherapie mit 4 Kindern, 7 Jugendlichen und 26 Erwachsenen
11.05.2025

Medienbeiträge Ausstellung zum giftigen Erbe des Vietnamkriegs

Medienbeiträge Ausstellung zum giftigen Erbe des Vietnamkriegs

Die Geschichte des Vietnamkriegs zeigt, welche verheerenden Langzeitschäden Kriege anrichten und wie sich das Leiden oftmals weit über das Ende eines Konflikts hinaus über Generationen fortsetzt. Für die Opfer ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Öffentlichkeit sensibilisiert und das Thema stärker von den Medien bearbeitet wird.

Um einen Beitrag zu dieser Sensibilisierung zu leisten, wirkte GCCH an der Ausstellung «Krieg ohne Ende. Das giftige Erbe des Vietnamkriegs – 50 Jahre danach» mit. Hier finden Sie mehr Informationen dazu.

Die Ausstellung und ihre Thematik stiessen auf reges Interesse in den Medien:

13.04.2025

Ausstellung zum giftigen Erbe des Vietnamkriegs

Ausstellung zum giftigen Erbe des Vietnamkriegs

Ein warnendes Beispiel. Das ist der Vietnamkrieg für unsere von Krisen und Konflikten geprägte Gegenwart. Seine Geschichte zeigt, welche verheerenden Langzeitschäden Kriege anrichten und wie sich das Leiden oftmals weit über das Ende eines Konflikts hinaus über Generationen fortsetzt.

Hier setzen die Hilfsprojekte von Green Cross Switzerland (GCCH) an. Um die Öffentlichkeit stärker auf die Problematik zu sensibilisieren, wirkt GCCH an der Ausstellung «Krieg ohne Ende. Das giftige Erbe des Vietnamkriegs – 50 Jahre danach» mit:

Interessierte sind herzlich eingeladen, am 17. April um 18 Uhr an der Vernissage teilzunehmen. Diese bietet eine gute Gelegenheit, sich mit Vertreter:innen von GCCH auszutauschen, die Ausstellung gemeinsam mit uns zu erleben und natürlich mehr über unser Engagement in Vietnam zu erfahren. Auch wenn Sie für die Vernissage verhindert sind, möchten wir dazu ermutigen, die Ausstellung zu besuchen und mitzuhelfen, das Bewusstsein für die Spätfolgen des Vietnamkriegs zu schärfen. Wir freuen uns auf Sie!

Die in der Ausstellung gezeigten Bilder stammen von dem preisgekrönten Fotografen Roland Schmid. Ihn verbindet eine langjährige Zusammenarbeit mit unserem Partner, dem freischaffenden Journalisten, ebenfalls Fotografen und Filmemacher Peter Jaeggi. Aus Peter Jaeggis Feder stammt unter anderem das informative und tief bewegende Buch „Krieg ohne Ende. Chemiewaffen im Vietnamkrieg, Agent Orange und andere Kriegsverbrechen“. Wir legen Ihnen die Lektüre dieses Buches sehr ans Herz – hier erfahren Sie mehr dazu.

Engagement von Green Cross Switzerland

Am 30. April dieses Jahres jährt sich das Ende des Vietnamkrieg bereits zum fünfzigsten Mal. Die vielfältigen Folgen für die vietnamesische Bevölkerung sind in diesem halben Jahrhundert dramatisch geblieben. So sind beispielsweise die Auswirkungen des Krieges auf die sozialen Verhältnisse und die Psyche der Menschen nach wie vor stark spürbar. Unzählige Minen und nicht explodierte Bomben lauern bis auf den heutigen Tag in den Böden. Sie sorgen dafür, dass 50 Jahre später immer noch Menschen in Angst leben müssen, schwer verwundet werden, verstümmelt werden und sterben. Aber auch der Einsatz des Entlaubungsmittels Agent Orange durch die US-Luftwaffe und Alliierte der USA zwischen 1965 und 1970 wirkt bis heute fatal nach

Nach wie vor werden Kinder mit schweren körperlichen und geistigen Behinderungen geboren, die auf den Einsatz von Agent Orange zurückzuführen sind. Inzwischen ist bereits die vierte Generation betroffen. Ein Ende ist nicht in Sicht. Leider reichen auch die Bemühungen, den Betroffenen effektiv zu helfen, immer noch bei Weitem nicht aus. Hier setzt seit 1998 das Engagement von Green Cross Switzerland (GCCH) in Vietnam an. Einen Schwerpunkt bildet dabei die regelmässige Versorgung von Agent Orange-Betroffenen mit orthopädischen Hilfsmitteln. Diese Prothesen und Orthesen sind für viele Betroffene die Voraussetzung für ein selbstständig(er)es Leben und die Integration in die Gesellschaft. Oftmals sind die Hilfsmittel für sie aber unerschwinglich und werden nicht von der Krankenkasse finanziert.

Was angesichts dieser gravierenden Situation unsere Hilfsprojekte in Vietnam bewirken, wurde jüngst auch dem Schweizer Fernsehpublikum vermittelt: in einem Beitrag der SRF 1-Sendung «mitenand» am Sonntag, 23. März, um 19:15 Uhr (hier zu sehen). Hier wird gezeigt, wie durch GCCH finanzierte Prothesen das Leben eines 9jährigen vietnamesischen Jungen namens Quyet grundlegend und positiv verändern konnten. Die Geschichte von Quyet zeigt exemplarisch, was wir für Tausende von Betroffenen erreichen konnten und können – dank unseren hochgeschätzten Projektpartnern, unseren Spenderinnen und Spendern.

Weiterführende Links:

Das Foto in diesem Artikel stammt von Roland Schmid.

10.04.2025

Interview mit Projektpartner Peter Jenni

Interview mit Projektpartner Peter Jenni

Die Liebe zu Vietnam und seinen Menschen ist es, die das philanthropische Wirken von Peter Jenni antreibt. Zusammen mit seiner Frau Tran Thi Hiep hat der Schweizer, der seit Dezember 2016 in Vietnam lebt, das Charity Project Krong Buk (CPKB) ins Leben gerufen. Dieser Verein mit Sitz in der Schweiz leistet seit 2020 wertvolle soziale Unterstützung für bedürftige Menschen. Darunter sind zahlreiche Betroffene der Spätfolgen des Einsatzes von Agent Orange im Vietnamkrieg. Oft haben sie schwere geistige oder körperliche Behinderungen. Hier liegt auch der Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit Green Cross Switzerland (GCCH), welche seit zwei Jahren besteht. Diese Zusammenarbeit bildet eine wertvolle Ergänzung zu den anderen Projekten von GCCH in Vietnam. Das CPKB bringt konkrete Hilfe, Freude und Hoffnung in das Leben von Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Wo möglich ebnet es ihnen auch den Weg zur selbstständigen Verbesserung ihrer Lebensumstände.

Mit dem vorliegenden Interview möchten wir die Person Peter Jenni und die von uns unterstützte Arbeit des CPKB unseren Spenderinnen und Spendern sowie anderen Interessierten näherbringen. Die Fragen stellte GCCH-Mitarbeiter und Historiker Samuel Müller-Zwahlen.

Lieber Peter, wer bist Du? Wie würdest Du Dich beschreiben und wie sieht Dein Lebensweg aus?
Mit einem Wort: ich bin ein „Seebueb“ [Seejunge]. Beschreiben sollten mich eigentlich andere. Aber: ich kann sagen, dass ich ein Mensch mit zwei Heimatländern bin. Einerseits bin ich überzeugter Schweizer Bürger. Andererseits möchte ich meinen zweiten Lebensabschnitt in Vietnam verbringen und habe dieses Land bewusst als zweite Heimat gewählt.
Zurück zum „Seebueb“: Geboren bin ich zwar in Zürich Seebach [nomen est omen!], habe aber den Grossteil meiner Kindheit und Jugend in Rüschlikon am Zürichsee verbracht. Das hat mich sehr stark geprägt. In Rüschlikon gab es ein autonomes Jugendzentrum. Schon im jungen Alter wirkte ich dort im Vorstand mit. Später heiratete ich –  meine zwei Söhne, Marc und Jan, kamen 1990 und 1992 zur Welt. Sie wuchsen am Walensee auf, wo wir über 20 Jahre wohnten.
Auch in Vietnam zog es mich ans Wasser. Ich wollte ein Haus am Meer. Daraus wurde aus zwei Gründen nichts: erstens war das Wohnen am Meer sehr teuer und zweitens hatte ich Bedenken aufgrund des Klimawandels, d.h. wegen des Ansteigens des Meeresspiegels und des häufigeren Auftretens von Stürmen. In der Küstenstadt Nha Trang, wo ich anfangs lebte, habe ich einen solchen Sturm erlebt und kam zum Schluss, dass das nicht in Frage kommt. Dann entdeckte meine Frau ein schönes Grundstück an einem See. Und so kam es dazu, dass ich wieder an einem See lebe.

Es ist also klar: für Dich ist See Heimat.
Ja! Auch heute noch verweile ich jeweils kurz, wenn ich zu einem See komme. Seen geben mir Halt. Der Blick in die Weite, die aber nicht unendlich ist, zieht mich an.

Wie bist Du nach Vietnam gekommen?
Das ist eine etwas längere Geschichte. Ich habe 20 Jahre mit einem 50 %-Pensum Öffentlichkeitsarbeit für die Lebensmittelkontrolle und das Veterinäramt St. Gallen gemacht. Die andere Hälfte meiner Arbeitszeit widmete ich meiner Firma TEXTartelier. Daneben fuhr ich Mountainbike-Rennen. Irgendwann wuchs mir das alles über den Kopf – ein Burnout drohte. Zum Glück holte ich mir noch rechtzeitig Hilfe. Mein Therapeut riet mir zu einer längeren Auszeit. Diese ermöglichte mir der Kanton St. Gallen. Die Zeit nutzte ich für – langsameres – Radfahren. Ich schaute auf die Landkarte und kam auf Vietnam, das ich vorher nicht kannte. So plante ich eine Radtour, die mich von Nord- bis nach Südvietnam führte. Nach ungefähr sechs Wochen kam ich nach Nha Trang – und kam zum Schluss: in Vietnam will ich leben. Das Klima, aber auch die lebensfrohen Menschen hatten es mir angetan. Das Leben hier ist einfacher und wohl deshalb auch fröhlicher als in der Schweiz.
Von einem Hotel in Saigon aus plante ich sodann meine Auswanderung nach Vietnam. Es stellte sich heraus, dass diese gut zu bewerkstelligen sein sollte. In dieser Zeit lernte ich auch meine Frau kennen. Ich ging dann noch für ein Jahr in die Schweiz zurück, verabschiedete mich und bereitete meinen Umzug vor.
Dazwischen kam dann allerdings der Zungenkrebs. Ich musste mich einer Operation und Bestrahlungen unterziehen. Zu den Ärzten sagte ich: Ihr könnt machen, was Ihr wollt, aber Ende Jahr gehe ich nach Vietnam. Einer der Ärzte, ein Kettenraucher mit einem beeindruckenden Bart, fragte mich dann, was ich dort essen würde, mit den durch die Erkrankung eingeschränkten Möglichkeiten. Meine Antwort: Bier essen und Wein trinken! Das überzeugte ihn. Heute komme ich gut zurecht. Auch die medizinische Versorgung ist auf gutem Niveau – leider aber nur für diejenigen, die es sich leisten können.

Gibt es noch andere Dinge, die Dich an Vietnam besonders faszinieren? Was bedrückt Dich allenfalls auch? Wie würdest Du das Land einem Schweizer beschreiben, der es noch nicht aus eigener Anschauung kennt?
Mit gewissen Ausnahmen – wie z.B. Behördengängen –, ist das Leben in Vietnam wirklich sehr viel lockerer und einfacher. In der Regel sind die Leute sehr offen, fröhlich und hilfsbereit. In der Schweiz ist man nicht so daran gewöhnt, dass fremde Leute auf einen zugehen. In Vietnam ist das hingegen üblich. Sehr angenehm finde ich auch, dass man keine Angst zu haben braucht, dass einem das Handy oder Portemonnaie gestohlen wird. Aufpassen muss man hingegen, wenn man eine Frage stellt. Statt „ich weiss es nicht“ könnte gut eine falsche Antwort zurückkommen. Denn man gibt ungern zu, etwas nicht zu wissen. Die Leute schätzen das gemütliche Leben – und sind sehr arbeitsam. Niemand fragt, ob es Samstag oder Sonntag ist. Aber auch für das fröhliche Beisammensein nimmt man sich sehr gerne Zeit, besonders auf dem Land. Allein ist man im Gegensatz zur Schweiz kaum. Damit hängt zusammen, dass das generationenübergreifende Wohnen im gleichen Haus üblich ist. Das ist oft auch nötig, sogar lebensnotwendig. Viele Menschen sind im Alter auf die Unterstützung ihrer Kinder angewiesen. Es gibt kaum Altersheime und die Renten sind sehr tief – sofern man überhaupt eine Rente bekommt. Auf wohlhabendere Zeitgenossen trifft man öfters in der Stadt, z.B. in gehobenen Hotels. Sie sind manchmal protzig im Auftreten. Nicht selten handelt es sich um Neureiche.
Was mich bedrückt: die Armut. Für jemanden, der so lebt wie ich, ist die Armut sehr spürbar.

In diesem Bereich engagierst Du Dich aktiv. Wie ist das Charity Project Krong Buk entstanden?
Wenn ich am Morgen mit meinem Töff das Haus verliess, um z.B. einen Kaffee trinken zu gehen, war ich oft schlecht gelaunt. Dann kann ich aber mit dem Ede-Volk in Kontakt. Das Ede-Volk ist eine in meiner Nachbarschaft lebende Minderheit, die oft in Langhäusern wohnt, welche nur aus einem Raum bestehen. Diese Langhäuser stehen oft in schlammigem, sumpfigem Gebiet. Oft kamen mir dort fröhlich lachende, dreckverschmierte Kinder entgegen. Ihre Freude war ansteckend! Ich fragte mich: warum sind sie so fröhlich? Und warum bin ich, Peter Jenni, ein Miesepeter? Der Wunsch wurde stark in mir, den Kindern etwas zurückzugeben.
Meine Frau erkundigte sich bei der Gemeinde nach den Bedürfnissen der Ede-Kinder. Es stellte sich heraus, dass die Familien oft zu wenig Geld für Schulmaterial wie Bücher, Schreibutensilien oder einen Schulrucksack hatten. Alles müssen die Familien selber finanzieren, auch die Schuluniform. Kinder, deren Familien sich die Schuluniform nicht leisten können, sind von bestimmten Anlässen der Schule ausgeschlossen. Das vietnamesische Schulsystem basiert zudem auf Nachhilfe, über die sich die Lehrerinnen und Lehrer ihren tiefen Lohn aufbessern. Die Eltern müssen das bezahlen. Meine Frau begann also, mit Schulen zu sprechen. Wir finanzierten u.a. Rucksäcke und Schulbücher.
Schnell wurde klar, dass es eine geeignete Struktur für diese Unterstützung brauchte. So entschied ich mich, im schweizerischen Appenzell einen gemeinnützigen Verein zu gründen. Dafür nutzte ich auch meine Kontakte in der Schweiz.

Wie ging es dann weiter?
Rasch trafen erste Spenden ein. Und immer mehr Anfragen um Unterstützung. Seither stehen wir bedürftigen Menschen in unserer Region Đắk Lắk zur Seite. Wir geben nie Geld, sondern leisten immer Sachhilfe – immer auch in Zusammenarbeit mit der Gemeinde, Schulen, der Frauengewerkschaft oder der Jugendorganisation der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV). Ohne diese Partner wäre es uns nicht möglich, effiziente Hilfe zu leisten. Schon die Abklärungen und Kontrollen könnten wir nicht alle selbst durchführen.

Wie überzeugt Ihr Euch aber selbst von der Effektivität Eurer Hilfeleistungen und stellt diese sicher?
Wir evaluieren auch selbst, ob unsere Hilfe angebracht ist. Z.B. erhalten gewisse Agent Orange-betroffene Familien, die uns anfragen, bereits hinreichend Unterstützung aus anderer Quelle. Dann lehnen wir zugunsten anderer ab, die uns dringender brauchen. Was auch gut funktioniert, ist Hilfe zur Selbsthilfe: beispielsweise dass wir eine Kuh, die uns gehört, zur Verfügung stellen und als Gegenleistung einen Teil des erwirtschafteten Erlöses bekommen. Dafür übernehmen wir zudem gewisse Leistungen wie die Finanzierung von tierärztlichen Untersuchungen und Behandlungen. Dieses Modell läuft seit einem Jahr und es treffen bereits erste Zahlungen ein. Statt nur Hilfe zu empfangen, werden die unterstützten Menschen auf diese Weise zu aktiven Partnern. Sie tragen selbst zur Verbesserung ihrer Situation bei und übernehmen Verantwortung.

Wie ist die seit rund zwei Jahren bestehende Zusammenarbeit mit GCCH entstanden?
Bei der Vereinsgründung suchte ich nach Vorstandsmitgliedern. Da kam mir mein lieber Freund, Pfarrer und GCCH-Mitarbeiter Jakob Vetsch in den Sinn. Als erster Journalist schrieb ich damals, vor rund 30 Jahren, über seine Internet-Seelsorge. Zudem war [GCCH-Gründer] Roland Wiederkehr mein Primarlehrer in Uitikon-Waldegg. Seine Arbeit habe ich immer etwas verfolgt, allerdings hatten wir nach meiner Schulzeit keinen persönlichen Kontakt mehr. Natürlich verbindet mich auch die Agent Orange-Problematik mit dem Engagement von GCCH. Erst durch die Kooperation wurde mir bewusst, wie stark Ihr Euch in diesem Bereich engagiert. Und auch nachhaltig und effektiv. Es ist toll, dass man mit relativ wenig Spenden-Geldern viel erreichen kann: beispielsweise kann mit nur 300 Franken ein Tagesstättenplatz für ein schwer von Agent Orange geschädigtes Kind für ein ganzes Jahr finanziert werden. Und Angehörige können dadurch arbeiten und die Familie aus der Armut befreien.

Du bist bereits auf Deine Motivation für Dein Engagement eingegangen, könntest Du das bitte noch etwas vertiefen?
Etwa 50 % des Ede-Volkes sind Analphabeten. Meine Meinung ist, dass der erste, zentrale Schritt aus der Armut die Bildung ist. Deshalb legen wir einen Fokus auf die Schule, als Ansatz für eine langfristig wirksame Hilfe. Kleine Hilfen – wie ein Taschenrechner für 8 Franken, den sich die Familie nicht leisten kann – können einen entscheidenden Unterschied machen. Bildung versetzt junge Leute in die Lage, ihre Familie aus der bitteren Armut zu befreien. Z.B. finden sie Arbeit in einer Stadt und können so die Familie unterstützen. Das ist für mich eine zentrale Motivation.
Erst kürzlich haben wir wieder Schulrucksäcke an einer Schule verteilt – die Freude war gewaltig und hat mich tief berührt. Die Kinder sind froh, überhaupt in die Schule gehen zu können. Für vieles, was für uns selbstverständlich ist, sind sie zutiefst dankbar.

Gibt es weitere Erfolgsprojekte, deren Effektivität Du hervorheben würdest?
Ja, neben dem genannten Beispiel der Zusammenarbeit mit Schulen denke ich an Essenslieferungen für sehr bedürftige Personen, die wir dank GCCH bereitstellen können. Gerne zeige ich das am Beispiel einer 80jährigen Frau auf. Ihre 40jährige Tochter ist schwer von Agent Orange geschädigt und auf ständige Betreuung und Pflege angewiesen. Sie kann nur auf dem Bett oder auf dem Boden liegen. Als ich sie das erste Mal sah, schrie sie nur. Es war schwer erträglich. Doch dann wurde mir gesagt, sie freue sich sehr über meinen Besuch. Die Tochter kann nicht in einem Heim betreut werden. Die 80jährige Mutter muss sowohl arbeiten als auch ihre Tochter pflegen. Für 40 Fr. können wir sie und ihre Tochter einen ganz Monat lang mit den nötigsten Lebensmitteln unterstützen – eine kleine Investition, die einen grossen Unterschied macht.
Zudem ist es sehr wertvoll, dass wir Agent Orange-Betroffene identifizieren und medizinische Abklärungen und Hilfe für sie organisieren können. In diesem Bereich arbeiten wir gut mit GCCH, aber z.B. auch mit der DAVA [Da Nang Association for Victims of Agent Orange] zusammen.

Was hat Dich ausserdem besonders emotional geprägt bei der Arbeit?
Allgemein die Begegnung mit Menschen, die besonders schwere Gebrechen haben. Das geht unter die Haut. Es ist manchmal nur schwer erträglich. Aber es gibt einem viel, nicht nur hilflos zuzusehen, sondern aktiv zur Verbesserung der Situation beizutragen. Sehr berührend ist wie beschrieben die grosse Fröhlichkeit und Dankbarkeit. Die Freude der Menschen mit schweren Behinderungen ist für uns z.T. schwer nachzuvollziehen. Von den Angehörigen, die sie gut kennen, wird mir aber versichert: sie freuen sich auch.

Und was war bisher die grösste Herausforderung?
Zentral ist, genügend Spenden für die Projekte zusammenzubekommen. Ansonsten kommen wir mit der Arbeit gut zurecht. Meine Frau ist für den Einkauf von Hilfsgütern zuständig, ich für das Fundraising. Um die Abklärungen für die Hilfsprojekte und deren Durchführung kümmern wir uns gemeinsam.
Ein Problem, das verstärkt bearbeitet werden müsste, wäre das Littering, das in Vietnam eine grosse Herausforderung darstellt. Auch in diesem Bereich könnte man bei der Bildung ansetzen und das Verantwortungsbewusstsein des Menschen, speziell auch der Kinder und Jugendlichen, für die Umwelt fördern.

Was wünschst Du Dir für die Zukunft?
Erst einmal ist es mir ein Anliegen, GCCH zu danken. Die Zusammenarbeit ist auf zwei Arten für mich sehr wertvoll: erstens ist sie für mich eine zusätzliche Verbindung zu meiner zweiten Heimat, der Schweiz. Zweitens macht die Arbeit von GCCH einen substanziellen Unterschied für die Menschen.
Was ich mir wünsche: dass die Arbeit kontinuierlich weitergeführt werden kann. Und dass wir uns weiterhin gegenseitig unterstützen können.

 Wir können den Dank nur von Herzen zurückgeben. Für uns ist es unglaublich wichtig, Partner vor Ort zu haben, die unsere Haltung teilen und denen wir unser Vertrauen schenken können.
Das sehe ich auch so, ich freue mich auf die zukünftige Zusammenarbeit!

Wir auch, lieber Peter – vielen herzlichen Dank für das Gespräch!

21.03.2025

Dringend nötiges Engagement in Quang Tri

Dringend nötiges Engagement in Quang Tri

Die Provinz Quang Tri gehört zu den Gebieten Vietnams, die am stärksten von den Langzeitfolgen des Vietnamkriegs betroffen sind. Green Cross Switzerland (GCCH) ist es ein grosses Anliegen, auf diese Langzeitfolgen aufmerksam zu machen. Bis heute sind die Bemühungen, diesen Langzeitfolgen wirksam zu begegnen, unzureichend geblieben. Genau deshalb ist GCCH seit 1998 in Vietnam aktiv.

Doch es gibt sogar Rückschritte: Die neue US-Regierung hat die sehr wichtige Dekontaminierung von Gebieten, die besonders von Agent Orange und Blindgängern betroffen sind, gestoppt. Dieser Schritt steht im Widerspruch zur historischen Verantwortung der USA. Dazu ist anzumerken, dass die USA bisher keine klassische Entwicklungshilfe für Agent Orange-Betroffene geleistet, sondern zur Wiedergutmachung der verursachten Schäden beigetragen haben.

In den 60er- und frühen 70er-Jahren bombardierte die US-Luftwaffe Vietnam massiv. Schätzungsweise zwei Millionen (!) der damals abgeworfenen Bomben schlummern weiterhin in den Böden. Sie bedrohen das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Bevölkerung. Die Zahl der Opfer seit dem Kriegsende 1975 wird auf 100’000 geschätzt.

Ausserdem wurde damals die Chemiewaffe Agent Orange ausgebracht. Darauf ist zurückzuführen, dass seit Generationen jedes Jahr unzählige Kinder mit schweren körperlichen und geistigen Behinderungen geboren werden.

Die Provinz Quang Tri gehört zu den Gebieten, die von diesen Langzeitschäden besonders stark betroffen sind. Die Zahlen sind eindrücklich: Weniger als 1 % der Bevölkerung lebt in der Provinz, die etwas mehr als 1 % der Landesfläche umfasst. Die Einwohner:innen machen jedoch rund 10 % der Blindgänger-Opfer in Vietnam aus.

Entsprechend klar war es für GCCH, sich hier zu engagieren. Seit letztem Jahr arbeiten wir mit der Organisation ACDC zusammen, welche bedürftigen Menschen mit Behinderungen in der Provinz zur Seite steht. Wichtige Aufgaben nimmt die Organisation im Bereich der sozialen und psychologischen Unterstützung, der Rehabilitation, der orthopädishen Hilfe und des barrierefreien Wohnens wahr (mehr dazu hier).

Für uns steht fest: Gerade jetzt ist es wichtig, die Arbeit weiter auszubauen, um den Betroffenen von Agent Orange und anderer Langzeitfolgen des Vietnamkriegs zur Seite zu stehen.

Weitere Informationen:

People’s World-Artikel

Website unserer Partnerorganisation ACDC

20.03.2025

Seit 22 Jahren für Betroffene von “Agent Orange” im Einsatz

Das Team von GCCH traf sich mit Dr. Daniel Hueskes und seinem Sohn Benjamin Hueskes. Dabei gaben die beiden Orthopädisten Einblicke in ihre ehrenamtliche Arbeit: die Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln und operativen Behandlungen für Kinder und junge Erwachsene mit Behinderungen.  

Als Daniel Hueskes im Jahr 2003 vor seiner ersten Reise nach Vietnam stand, fragte er seinen Sohn: «Benjamin, was meinst du? Soll ich das machen?».  Er antwortete ihm: «Ja, dann musst du halt dafür deine Ferien aufgeben». Und so begann vor 22 Jahren die Zusammenarbeit mit Green Cross Switzerland.

Dabei wurde grosser Wert daraufgelegt, dass die Orthopädie-Projekte nachhaltig wirken. Aufgrund der Erfahrung eines anderen Projekts, bei welchem 30 Kinder mit Orthesen versorgt wurden und bei der Nachkontrolle dann enttäuscht festgestellt werden musste, dass keiner der Stützgeräte mehr an den Beinen der Kinder gewesen war, sagte sich Daniel Hueskes im Jahr 2003:

«Nein, dieses Mal nicht! Ich möchte die ansässigen Orthopädisten oder Orthopädie-Ärzte miteinbeziehen und dass die Versorgung mit Materialen gemacht werden, die in Vietnam zu finden sind. Es ist wenig zielführend, hochtechnisches Material anzuwenden, sondern es muss die Hilfe zur Selbsthilfe gefördert werden».

Bei Kindern ist es wichtig, dass die Orthesen und Prothesen nach einem Jahr aufgrund des schnellen Wachstums erneuert werden können. «Wenn die Person, die die Prothese gemacht hat, schon vor Ort ist, dann kann sie dementsprechend die Prothese vervollständigen und einen neuen Gips machen», sagt Daniel Hueskes.

Benjamin Hueskes fügt hinzu: «Das ist natürlich der Sinn vom Ganzen: die Leute in Vietnam so zu schulen, dass sie die Versorgungen selbst machen können, auch wenn wir nicht dort sind. Das ist auch schon vorher gemacht worden. Wir geben einfach Unterstützung oder führen Schulungen durch. Wir nehmen auch keine Sachen aus der Schweiz mit. Es funktioniert nicht so, dass sie uns damit beauftragen, Gipse zu erstellen, und wir sie dorthin bringen. Nein, wir machen es vor Ort zusammen. Wir unterstützen und beraten sie, aber grundsätzlich können sie es selbst machen».

Grösstenteils werden die notwendigen Orthesen und Prothesen in Vietnam produziert. Das ist auch wichtig, weil verschiedene Faktoren, wie beispielsweise Luftfeuchtigkeit, beachtet werden müssen. In Ausnahmefällen nehmen die Orthopädisten aus Basel etwas mit nach Vietnam. Momentan sind sie eine Versorgung für eine junge Frau am vorbereiten. Sie hat kein Schienbein und verkürzte Knochen. Ohne Prothese läuft sie auf dem Knochengelenk. Während der Coronazeit erhielt sie darum Prothesen, die aber mit 3,5 kg sehr schwer sind. Sie hat zum ersten Mal einen Job gekriegt und freut sich, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Bei der Arbeit muss sie aber immer die schweren Prothesen tragen. In diesem Fall werden zwei Prothesenfüsse-Passteile aus der Schweiz mitgenommen. Sie sind mindestens anderthalb Kilo leichter, was der jungen Frau ihr Leben um einiges erleichtern wird.

«Ich wollte wissen, ob er leben will»

In ihrer ehrenamtlichen Arbeit haben Daniel und Benjamin Hueskes viele Menschen mit schweren Schicksalen kennengelernt. Wir haben gefragt, ob es unter den Menschen, die sie bisher in Vietnam getroffen haben, eine Geschichte gibt, die ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist. “Ja”, antwortete Dr. Hueskes mit Ergriffenheit.

Was ist “Agent Orange”?

“Agent Orange” ist ein chemisches Entlaubungsmittel, das mit dem hochgiftigen Dioxin TCDD verunreinigt ist. Die Bezeichnung “Agent Orange” kommt von den orangefarbenen Streifen, mit denen die Fässer gekennzeichnet waren. Insgesamt 45’677’837 Liter versprühte die amerikanische Luftwaffe zwischen 1962 und 1971, um den Dschungel zu entlauben und sich somit einen strategischen Vorteil im Vietnamkrieg zu verschaffen. Das toxische TCDD verbleibt sehr lange in der Umwelt und ist heutzutage noch in den Böden, Gewässern und somit im Nahrungskreislauf zu finden. Der Giftstoff verursacht vererbbare Genmutationen, Fehlbildungen und schwere Krankheiten.  

Dr. Daniel Hueskes

Bereits in den 60er Jahren hatte Daniel Hueskes in der Zeit der Contergan-bedingten Fehlbildungen wegweisende orthopädische Hilfsmittel für Kinder mit verstümmelten oder fehlenden Gliedmassen entwickelt und gebaut.

Die Einnahme des Schlaf- und Beruhigungsmittels Contergan führte zu einer Häufung von schweren Fehlbildungen und dem Fehlen von Gliedmassen und Organen bei Neugeborenen.

27.02.2025

Solarenergie-Kits für die Ukraine

Solarenergie-Kits für die Ukraine

Für Green Cross Switzerland (GCCH) ist es zentral, dass der Einsatz für Menschen und der Einsatz für die Umwelt Hand in Hand gehen. Indem wir die Energieversorgung auf nachhaltige Weise verbessern, helfen wir Menschen in Not, leisten aber gleichzeitig auch einen Beitrag für den Umwelt- bzw. Klimaschutz und die Förderung neuer Technologien. In Vietnam unterstützen wir etwa rein spendenfinanzierte Tagesstätten für Menschen mit Behinderung. Die Installation von Solaranlagen reduziert die Stromkosten deutlich und die eingesparten Mittel werden gezielt in Pflege und Betreuung investiert.

Stark beeinträchtigte Stromversorgung in der Ukraine

Der Krieg in der Ukraine hat die Stromversorgung vielerorts stark gefährdet. Die Beschädigung der kritischen Infrastruktur hat häufige Stromausfälle zur Folge. Dies bringt nicht nur Privathaushalte, sondern auch Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser oder Schutzbunker in eine schwierige und teilweise verzweifelte Lage. Hier setzen wir mit der Lieferung von Solarenergie-Kits an, da sie eine unabhängige Stromversorgung ermöglichen. GCCH hat bereits 22 Solarkits geliefert, um die Bevölkerung in Tschernihiw, Cherson und Charkiw zu unterstützen und Erkenntnisse für eine gross angelegte Lieferung weiterer Kits zu gewinnen.

Sorgfältige Tests für nachhaltige Lösungen

Ein wichtiger Schritt war das gründliche Testen der für das Projekt vorgesehenen kostengünstigen Solarkits. Dabei erhielt GCCH Unterstützung durch EKZ (Elektrizitätswerke des Kantons Zürich), die ihre Fachkenntnisse einbrachte. Sie überprüfte die Funktionalität unter realistischen Bedingungen. Dabei wurden wichtige Aspekte wie der Bau eines zuverlässigen Windschutzes und die Auswahl der notwendigen Komponenten für den Aufbau in der Ukraine beleuchtet. Zudem simulierte EKZ verschiedene Nutzungsszenarien wie das Aufladen von Mobiltelefonen, das Kochen von Wasser oder den Betrieb eines Kühlschranks. Gründlich getestet wurde schliesslich auch die Kapazität des Batteriespeichers. Zusätzlich zu den Tests kümmerte sich EKZ um ein gut verständliches Installations- und Bedienungshandbuch, das den Anwenderinnen und Anwendern helfen wird, die Solarkits korrekt und ohne grosse Schwierigkeiten zu installieren.

Ausblick: Schnelle Ausweitung bei Erfolg

Sofern die Pilotphase erfolgreich verläuft, wird GCCH die rasche Lieferung grosser Mengen von Solarkits in die Ukraine in die Wege leiten. Dafür werden Partnerschaften mit weiteren Sponsoren angestrebt, damit noch mehr unter Strommangel leidenden Menschen und Institutionen geholfen werden kann. Die Auswahl der Solarpanels, Solarkits und Komponenten wird sich insbesondere am Bestimmungsort (z.B. grössere Institutionen) orientieren. Ziel ist es, den dringend benötigten Strom verlässlich bereitzustellen und zugleich nachhaltige Technologien zu fördern. Jedoch ist diese Lösung nicht allein auf die Sonne angewiesen, weil die Speicher der Solarkits auch mit Netzstrom aufgeladen werden können.

24.01.2025

Tierheim-Projekt in Tschernihiw

Tierheim-Projekt in Tschernihiw

Unter dem Ukrainekrieg leiden nicht nur Dutzende von Millionen Menschen. Sondern auch zahllose Tiere. Viele Tierheime befanden sich schon vor dem russischen Angriff in einer prekären Lage. Der Krieg hat ihre Situation zusätzlich verschärft: die Zahl verlassener, streunender und verwahrloster Tiere ist stark gestiegen. Grausame Handlungen gegen Tiere nehmen zu und es fehlt an Tierheimen. Zum Stiftungszweck von Green Cross Switzerland (GCCH) gehört es, dazu beizutragen, dass wir unsere Verantwortung für die Umwelt wahrnehmen können. Auch Tiere sind Teil der Umwelt und wir Menschen sind dazu angehalten, ihrem Leiden und Sterben nicht tatenlos zuzusehen, sondern uns gemeinsam für sie zu engagieren.

Deswegen unterstützt GCCH schon seit Kriegsbeginn bestehende Tierheime in der Ukraine mit Futter, Medikamenten und weiteren Gütern des täglichen Gebrauchs. Nun gehen wir einen Schritt weiter und bereiten den Bau eines neuen Heims in Sosnyzja, Tschernihiw, vor. Die Entscheidung, dort einen Zufluchtsort für notleidende Tiere zu schaffen, beruht darauf, dass die Region unter einem akuten Mangel an Tierheimen leidet und auch kein geeignetes Gebäude zur Verfügung steht, das als Tierheim genutzt werden könnte. Ausserdem bildet diese relativ arme, stark vom Krieg – und nach wie vor auch von der Tschernobyl-Katastrophe – betroffene Region schon seit Langem einen Schwerpunkt der Arbeit von GCCH.

Zum Ende des vergangenen Jahres haben die lokalen Abgeordneten nun die Zuweisung eines Grundstücks für das Tierheim beschlossen. Sofern das Planungs- und Genehmigungsverfahren für das Gebäude reibungslos verläuft, kann im Frühjahr mit dem Bau begonnen werden. Dafür sind umweltfreundliche Materialien vorgesehen, auch eine Solaranlage ist geplant. Die Gemeinde unterstützt GCCH im administrativen Bereich und verlangt nur eine reduzierte Miete für das Grundstück – aufgrund der prekären finanziellen Situation ist leider keine kostenfreie Bereitstellung möglich.

Das Heim wird so geplant, dass es im Ganzen mindestens 80 Tiere aufnehmen kann, vorwiegend Hunde und Katzen. Etwa 300-400 Tiere sollen jährlich medizinisch versorgt werden. Ausserdem wird angestrebt, dass jährlich rund 200 Tiere im Heim an ein neues Zuhause vermittelt werden können.

Das Tierheim soll zudem als Teil des psychologischen Unterstützungsprogramms von GCCH kriegsbetroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene direkt unterstützen, aber auch einen Bildungsauftrag erfüllen. So sollen Hunderte von Kindern und Familien pro Jahr am Bildungsprogramm des Heims teilnehmen. Die Teilnehmenden werden von lokalen Schulen, Gemeinschaftszentren und Waisenhäusern ausgewählt, wobei Kinder mit besonderen Bedürfnissen oder in besonders schwierigen Umständen bevorzugt werden. Ziel des Bildungsprogramms wird sein, Empathie, den verantwortungsvollen Umgang mit Haustieren und das Verständnis für das Tierwohl zu fördern.

Schliesslich soll jährlich auch rund 100-150 Personen durch tiergestützte Therapien geholfen werden. Bei diesen Personen wird es sich um Menschen handeln, die von den Schrecken des Krieges traumatisiert und die durch Institutionen wie Krankenhäuser, psychiatrische Kliniken oder Veteranenorganisationen an uns vermittelt werden.

Das Projekt ist auf 24 Monate ausgelegt. Im zweiten Jahr wird eine Evaluation stattfinden und entschieden, wie es danach weitergeht. Im Einklang mit dem Stiftungs-Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe zielt GCCH darauf ab, dass das Tierheim eines Tages auch ohne die Unterstützung von GCCH weitergeführt werden kann. Die Bevölkerung und die lokalen Behörden werden so stark wie möglich einbezogen.

28.11.2024

Verstärkung der psychologischen & sozialen Hilfe

Verstärkung der psychologischen & sozialen Hilfe

Dank Ihrer wertvollen Unterstützung, liebe Spenderinnen und Spender, kann sich Green Cross Switzerland seit einem Vierteljahrhundert für die Betroffenen der Chemiewaffe Agent Orange in Vietnam einsetzen. Diese Menschen benötigen eine auf Dauer angelegte und spezialisierte medizinische Versorgung. Deshalb setzen wir auf die Stärkung lokaler Strukturen: die Weiterbildung von medizinischen Fachkräften, die Ausstattung von Orthopädiewerkstätten oder die Unterstützung von Pflege-Tagesstätten haben vielerorts dauerhafte Verbesserungen bewirkt.

Neben der medizinischen Hilfe bauen wir auch die soziale und psychologische Unterstützung aus, um der Ausgrenzung der Betroffenen – teils sogar durch ihre Familien – entgegenzuwirken. Ein zentrales Element des Programms ist die Peer-Betreuung: Menschen mit Behinderungen (Persons with disabilities, PWDs), die sich erfolgreich ins gesellschaftliche Leben integriert haben, unterstützen andere Betroffene mit ihrer Erfahrung.

PWDs werden individuell betreut mit dem Ziel, ihre Fähigkeiten im Alltag und ihre soziale Integration zu fördern. Dabei kommen standardisierte Bewertungsinstrumente zum Einsatz, um Fortschritte zu messen und individuelle Pläne zu entwickeln. PWDs werden dabei zu Peer-Berater:innen ausgebildet (Train-the-Trainer, TOT). Diese führen dann Hausbesuche durch und beraten andere PWDs sowie deren Familien regelmässig.

Ein Schwerpunkt liegt auch auf barrierefreiem Wohnen, wobei Wohnräume an die Bedürfnisse von PWDs angepasst werden, z. B. durch breite Türen, Handläufe und barrierefreie Übergänge.

Zusätzlich werden PWDs und ihre Familien auch psychologisch unterstützt. Es werden psychische Gesundheitsprobleme wie Stress, Angststörungen oder Depressionen behandelt. Hier kommt das WHO-Modell für gemeindebasierte psychologische Betreuung zum Einsatz. Lokale Gesundheitshelfer:innen nehmen an Schulungen teil, damit sie psychische Störungen erkennen, Stress- und Angstbewältigungstechniken vermitteln und Betroffene bei Bedarf an Spezialist:innen verweisen können.

Peer-Support-Gruppen treffen sich zudem quartalsweise, um Erfahrungen auszutauschen, bspw. über die erlernten Stressbewältigungstechniken.

Nur Ihre regelmässigen Spenden ermöglichen uns, Agent Orange-Betroffene nun auch in diesen, ebenso wichtigen Bereichen zu unterstützen. Dies erfüllt uns – und besonders die Menschen, denen so konkret geholfen wird – mit grosser Freude und Dankbarkeit!

 

 

31.10.2024

Kooperation mit Verein Ukraine Hilfe

Kooperation mit Verein Ukraine Hilfe

Diesen Herbst hat Green Cross Switzerland (GCCH) eine Kooperation mit dem schweizerischen Verein Ukraine Hilfe lanciert. Schon kurz nach Kriegsbeginn wurde der Verein in der Ukraine aktiv und hat bisher rund 120 Wohnmodule als Notunterkünfte für Personen errichtet, welche durch den Krieg ihr Heim verloren haben. So leistet der Verein einen wichtigen Beitrag dafür, dass Ukrainerinnen und Ukrainer im Land bzw. sogar an ihrem Wohnort bleiben können und neue Hoffnung schöpfen. Die Wohnmodule werden nämlich, soweit möglich, auf dem Grundstück des zerstörten bzw. unbewohnbar gewordenen Hauses errichtet. Das ist für die Bewohnerinnen und Bewohner ein wichtiger psychologischer Faktor. Sofern es die Kriegssituation zulässt, müssen sie ihre gewohnte Umgebung nicht verlassen.

Die Bewohnerinnen und Bewohner werden jeweils von der Gemeinde ausgewählt, wobei die Wohnmodule im Besitz der Gemeinde bleiben. So wird sichergestellt, dass die Wohnmodule nicht zweckentfremdet und nur von Personen bewohnt werden, die die Unterkunft wirklich brauchen. Auch haben die Wohnmodule den Vorteil, dass sie nicht als normale Häuser gelten: es braucht keine Baubewilligung und die Wohnmodule können falls nötig an einen anderen Standort verlegt werden – im Krieg ein wichtiger Faktor. Dank guter Isolation bleiben die Module im oftmals sehr kalten ukrainischen Winter auch im Falle eines Stromausfalls bewohnbar. Schliesslich ist die Herstellung der Wohnmodule in Winnyzja kostengünstig und fördert die Wirtschaft des kriegsgebeutelten Landes.

GCCH steigt nun diesen Herbst mit dem Sponsoring von zwei grösseren, komplett eingerichteten Wohnmodulen in das Projekt ein. Über unsere ukrainische Partnerorganisation werden wir die darin lebenden Familien eng begleiten. Der voraussichtliche Standort wird in Tschernihiw sein. Die Region liegt in dem von der Tschernobyl-Katastrophe betroffenen Gebiet, welches seit der Gründung einen Schwerpunkt der Arbeit von GCCH darstellt.

Die Kooperation mit dem Verein Ukraine Hilfe umfasst zudem das Anpflanzen von vielen tausenden von Bäumen – GCCH hofft, dieses Engagement auch in den kommenden Jahren fortführen zu können. Da ein grosser Teil der Wohnmodule aus Holz besteht und Nachhaltigkeit Teil der DNA unserer Stiftung ist, ist es uns ein Herzensanliegen, auch die Aufforstung zu fördern. Das Anpflanzen von Bäumen, aus denen mit der Zeit Wälder entstehen, hat vielfältige Vorteile. Wald hat eine wichtige Funktion für das lokale Ökosystem – und in der Ukraine ist ein im internationalen Vergleich (zu) kleiner Teil der Landesfläche bewaldet. Zudem ist jeder gepflanzte Baum ein Beitrag für den Schutz des Weltklimas und somit für die Zukunft der Menschheit.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Engagement des Vereins Ukraine Hilfe.