Phuongs Geschichte
Ein beeindruckender Projektpartner
Heute möchten wir Ihnen die Geschichte eines Agent-Orange-Betroffenen vorstellen, der trotz widrigster Umstände sein Leben erfolgreich gemeistert hat.
Nguyen Ngoc Phuong wurde am 6. April 1981 im Dorf Chau Son 1, Gemeinde Que An, in der Nähe des Duong-La-Bergs, Provinz Quang Nam, geboren. Er war noch keine sieben Monate alt, wog nur 800 Gramm und war unter 20 Zentimeter gross – das entspricht rund einem Viertel des Gewichts eines durchschnittlichen Neugeborenen und weniger als der Hälfte der durchschnittlichen Körpergrösse.
Phuong verbrachte seine Kindheit auf einem Hügel, umgeben von dichtem, düsterem Grün. Während andere Kinder zur Schule gingen, war er ständig krank. Er war bei seiner Geburt sehr klein und konnte nichts lernen. Manche Eltern warnten ihre Kinder davor, mit ihm zu spielen – mit dem Kind, das den ganzen Tag nur vier Wände anstarrte.
Damals kannte niemand die Ursache seiner Behinderung. Einige meinten, es handle sich um einen Fluch, der den Eltern das Schicksal ein behindertes Kind eingebracht habe, weil ihre Vorfahren in früheren Leben Schuld auf sich geladen hätten. Die Ausgrenzung durch die Gemeinschaft und die Hoffnungslosigkeit waren der ständige Begleiter der Familie.
1987 wurde Phuongs jüngere Schwester Nguyen Thi Hieu geboren – ebenfalls mit einer Behinderung. Die Familie lebte in grosser Armut. Die Eltern litten sehr, aber anders als andere Eltern, die ihre Kinder mit Behinderungen verstossen, wollten sie alles versuchen, um ihnen eine Behandlung zu ermöglichen.
Im Alter von etwa 9-10 Jahren konnte Phuong nachts nicht schlafen. Ständig hörte er seine Mutter husten und fühlte tiefes Mitleid mit ihr. Eines Tages kamen ehemalige Kameraden des Vaters zu Besuch. Sie erklärten ihm: „Du warst Agent Orange ausgesetzt – deshalb sind deine Kinder behindert.“
Damals wollte Phuong sterben, nur um das Leid seiner Mutter zu beenden. Gleichzeitig fühlte er aber auch, dass er sie nicht verlassen konnte – sie hatte ihn all die Jahre grossgezogen. Mit 11 Jahren fasste er einen Entschluss: Er wollte sein Dorf verlassen, um unabhängig zu werden und sein Leben zu verändern.
Der Weg in ein selbstbestimmtes Leben
Die Liebe seiner Eltern, aber auch die Ausgrenzung und der Schmerz gaben Phuong den Willen, sein Dorf zu verlassen und in die Stadt zu gehen, um einen Beruf zu erlernen.
Wegen seiner Kleinwüchsigkeit wurde er zunächst nirgendwo aufgenommen. Also beobachtete er bei Gasnachfüllstationen, wie man Feuerzeuge mit Gas befüllt. Mit dem Geld, das er zu (Mond-)Neujahr geschenkt bekommen hatte, kaufte er sich Werkzeug und ein leeres Feuerzeug. Er begann, Feuerzeuge seiner Nachbarn und seines Vaters wieder aufzufüllen.
In seinen frühen Teenager-Jahren besuchte er eine Ausbildung zum Uhrmacher.
Als er zwischen 19 und 20 Jahre alt war, ging Phuong nach Ho-Chi-Minh-Stadt, um eine Lehrstelle in einer Elektronikwerkstatt zu bekommen. Der Chef sah sich den ordentlich gekleideten jungen Mann an und rief seine Frau: „Schatz, da ist ein Ausserirdischer – soll ich ihn als Lehrling nehmen?“
Nach einer Probezeit gab der Chef ihm zwölf Boxen mit unterschiedlichsten Schrauben. Er sortierte sie alle sorgfältig. Der Chef war beeindruckt und sagte: „Ich brauche nur deinen Kopf – den Rest nicht.“ Er bot ihm eine Ausbildung an – mit derselben Bezahlung wie alle anderen. Er blieb zehn Jahre.
Doch trotz aller Widrigkeiten und dank seiner Entschlossenheit und Ausdauer ist Phuong heute Lehrer. Er unterrichtet und begleitet dutzende Kinder, die ähnliche Schicksale wie er erlitten haben.
Ein Leben voller Mut
Das Leben und der unerschütterliche Wille von Nguyen Ngoc Phuong und seiner Schwester Nguyen Thi Hieu zeigen eindrucksvoll, wie Menschen trotz schwerster Umstände Hoffnung und Stärke finden können.
Heute betreut Nguyen Ngoc Phuong Agent-Orange-Betroffene und andere benachteiligte Kinder und Jugendliche in einer von Green Cross Switzerland unterstützten Tagesstätte der DAVA (Da Nang Association for Victims of Agent Orange) in der Stadt Da Nang.
Viele sind nicht so stark wie er – hier helfen wir!
Die positive Wendung, die Phuongs Leben nahm, wäre für viele Betroffene in einer vergleichbaren Situation nicht möglich gewesen. Nur dank seiner Willenskraft, seiner Intelligenz und der Liebe seiner Eltern hat er es geschafft. Viele andere Opfer von Agent Orange hoffen vergeblich auf Hilfe und ihr Leben nimmt oftmals einen tragischen Verlauf.
Mit unserem vielfältigen Engagement in Vietnam setzen wir uns als Green Cross Switzerland seit über 25 Jahren dafür ein, dass diese Menschen nicht vergessen werden und die Unterstützung erhalten, die sie verdienen. Dank der Solidarität unserer Spenderinnen und Spender können wir zahlreiche Leben auf Dauer zum Guten verändern.